Du bist kein Feminist, weil Du Feminist bist … wie antifeministische Diskussionsstrategien gegen Männer funktionieren

In letzter Zeit begegne ich in Diskussionen an denen sich feministisch orientierte Männer beteiligen, oder auch in Gesprächen über solche Diskussionen immer wieder zwei einander ähnlichen, durchaus perfiden Scheinargumenten von antifeministischer Seite. Beide sind rhetorisch geschickt aufgebaut und letzten Endes ein klassischer Zirkelschluss. Bedeutet, sie klingen erstmal recht logisch, funktionieren aber ausschließlich als in sich geschlossener Kreislauf (aus A folgt B, weil aus B A folgt).

  1. Feministische Männer haben ein Problem mit Frauen (und sind deshalb keine Feministen).
  2. Feministische Männer sind die wahren Konservativen (und deshalb keine Feministen).

Zu 1.) Immer wieder wird behauptet, man kenne irgendwie, irgendwo feministische Männer, die ja ganz besonders schlimme Machos gewesen wären – allerdings im Verborgenen. Gerne wird dann psychologisch verschwurbelt darauf hingewiesen, diese Männer müssten irgendwie ein Problem mit ihrer Männlichkeit haben (weil Feministen), sie wären vermutlich devot (und devote Männer haben selbstredend ein Problem mit ihrer Männlichkeit, was auch sonst?) oder aber hätten keinen Erfolg bei Frauen und müssten sich darum einschleimen (Lila Pudel Argumentation mit klarem Versuch einer Beschämung), obwohl sie Frauen „eigentlich“ verachten (und zurück auf Los!). Das „Argument“ funktioniert also folgendermaßen „Feministen haben ein Problem mit Frauen, weil sie ein Problem mit ihrer Männlichkeit haben, sonst wären sie ja keine Feministen. Also können sie gar keine Feministen sein, weil sie ja ein Problem mit Frauen haben. Ergo: Du bist überhaupt kein Feminist, weil Du Feminist bist und irgendwie bist Du auch unmännlich, sonst wärst Du ja nicht Feminist, vermutlich kriegst Du keine ab (fällt jemandem die Parallele zur „Feministinnen sind hässlich“-„Argumentation“ auf?), also äußere dich nicht.“ Eine Verbindung aus einem klassischen (aber völlig gewollten) Zirkelschluss und einer klassischen Beschämung über angeblich „unmännliches Verhalten“ also.

Zu 2.) Hier wird der (gewollte und doppelte bis dreifache) Zirkelschluss noch ein ganzes Stück offensichtlicher. Die „Argumentation“ erfolgt ungefähr so „Feminismus ist nur was für Frauen. Nur konservative, nicht feministische Männer verteidigen Frauen. Starke Menschen kämpfen für sich allein. Feministen glauben doch, dass Frauen stark sind. Also müssen sich Frauen selbstverständlich ganz alleine verteidigen (weil starke Menschen immer Einzelkämpfer sind, klaro, oder?). Also musst Du als Mann, der Feministen, also Frauen (weil Feministen sind ja alles Frauen, weil männliche Feministen gibt es ja nicht – zurück auf Los!) verteidigt bzw. deren Positionen teilt, ein konservatives Frauenbild haben. Wenn Du so ein konservatives Frauenbild hast, kannst Du (und zurück auf Los!) gar kein Feminist sein. Wenn Du dich also feministisch äußerst, bist Du überhaupt kein Feminist. Mund halten!“

Beide verfolgen ganz offenbar das Ziel, feministisch denkende Männer mundtot zu machen und ihnen die Existenzberechtigung abzusprechen, mit der letzten Endes schlichten und auf den zweiten Blick doch recht durchsichtigen Taktik: Wenn du dich feministisch äußerst, kannst Du kein Feminist sein. Besagter Zirkelschluss also kombiniert mit klarer Beschämung (zum Thema Beschämung hat, unter anderen Voraussetzungen, aber es funktioniert auch hier, der großartige Zaunfink erst einiges geschrieben). Nummer 2 bedient sich deutlicher einem (mehrfachen) Zirkelschluss, Nummer 1 deutlicher der Beschämung. Der feministische Mann kann also in dieser „Logik“ nur „wirklich Feminist“ sein, wenn er sich … gar nicht äußert. Wie praktisch!

Besonders absurd wird das, wenn man sich vor Augen führt, dass ein beliebter Vorwurf von antifeministischer Seite an „den Feminismus“ ist, dass Männer sich „dazu ja gar nicht äußern dürften“.

Ein (doch nicht so kleiner) Text zu Meike Lobos Artikel in der Zeit

Zunächst stand hier als Überschrift „Ein (klitzekleiner) Text zu Meike Lobos Artikel in der Zeit“. Nun wurde das ganze nun doch, hmmmm, etwas länger.

Ich habe den Text gelesen. Dachte mir oft „Ja, stimmt“. Und an zwei Stellen „Nein, da bin ich überhaupt nicht deiner Meinung, Meike!“

Hab es für mich abgehakt. Und Punkt. Stieß dann immer wieder auf die umfangreiche Diskussion zum Thema.

Darum nun doch ein paar Gedanken:


1.Der Text ist, anders als oft zu lesen, gar keine dezidierte Feminimuskritik sondern ein eindeutig feministischer Text (der sogar patriarchale Strukturen anprangert), der zwar kritisiert, aber auch Verschiedenes anregen möchte. In erster Linie eine Richtungskorrektur (siehe Punkt 2). Er möchte aber viel eher als Quell eines „neuen Feminimus“ verstanden werden, als diesen beenden.


2. So neu sind die Ideen aber gar nicht. Im Prinzip handelt es sich bei Meike Lobos Text um einen klassischen differenzfeministischen Text. Seine Quintessenz: „Weibliche“ Werte und Handlungsweisen aufwerten.

„In unserer kapitalistischen Leistungsgesellschaft war lange kein Platz für ein Geschlecht, das zumindest ursprünglich sehr viel stärker in die Fortpflanzung eingespannt war als das andere. Frauen wurden über Jahrhunderte von Männern weggetätschelt, wenn es um gesellschaftliche Gestaltung, intellektuelle Zeitfragen und logische Probleme ging, weil man ihnen nicht zutraute, Teil der Lösung zu sein. „

Oder auch

„Es ist die ultimative Assimilation des Weiblichen: Willst du frei sein, lebe wie ein Mann.“

Den Differenzfeminimus habe ich im Einstiegstext zu diesem Blog als „die Black Pride-Bewegung der Frauenbewegung“ bezeichnet. Und das ist letztlich genau das, was Meike Lobo andeutet.

Im Prinzip ist Meike Lobos Text also ein „Differenzfeminismus-Revival“ und dem was z. B. Antje Schrupp schreibt, gar nicht mal so unähnlich (die sich ja dann auch eher darüber ärgert, dass Meike Lobo die feministischen Bestrebungen in Richtung Care-Arbeit gar nicht wahrnimmt).


3. Vieles von der Kritik, die Meike Lobo (aus durchaus feministischer Sicht) an den Feminismus heranträgt, ist auch mehr eine allgemeine Kritik an der politischen Linken und deren übermäßiger PC, ja, sogar an den gesellschaftlichen Diskursen des 21. Jahrhunderts im allgemeinen. Eine Kritik, die ich durchaus so teilen kann. Deutlich wird das z. B. an Stellen wie dieser „Die Zuspitzung jeder minimalen Abweichung vom eigenen Standpunkt zu seinem kompletten Gegenteil ist derzeit in vielen Diskursen zu beobachten, es ist die Diskurskrankheit des 21. Jahrhunderts. Kritische Kommentare oder Fragen führen zuverlässig zu der umgehenden Beschimpfung als Nazi, als Antifeminist, als homo- oder islamophob. „


4. Zu meinen Kritikpunkten:

a) Meike Lobo macht leider genau den Fehler, den sie der Frauenbewegung vorwirft, nur andersherum. Sie reitet auf der Biologie herum und erregt sich darüber, dass die Frauenbewegung zu wenig für die quasi „typisch“ weiblichen“ Verhaltensweisen getan hätte. Mal abgesehen davon, dass Unterschiede wie „dass Wortfindungstests und Experimente zu räumlichem Denken bei Männern und Frauen unterschiedlich verlaufen“  meiner Ansicht nach recht wenig mit Fragen wie Führungsverantwortung zu tun haben, frage ich mich, was ein „ist doch ohnehin alles angeboren“ für die doch sehr großen Varianten innerhalb der Geschlechter bedeutet.

Vermutlich hat sich Meike Lobo nur ungünstig ausgedrückt, aber diese Stelle ihres Textes erweckt den Eindruck, als wären „alle Männer“ und „alle Frauen“ da dann doch irgendwie gleich. Und diesen Eindruck halte ich als Gleichheitsfeministin und soviel ich auch dafür plädiere, für Hausfrauen- und Hausmannrechte, für Pflegeberufe und Sozialberufe sowie für Geisteswissenschaften einzutreten, für durchaus fatal und viel zu eng (eine Differenzfeministin würde ihr dagegen an dieser Stelle wahrscheinlich zustimmen).

Die wunderbare Dr. Mutti, deren Blog ich euch hiermit nochmal ans Herz legen möchte, hat dazu auch einiges, und wesentlich besser, als ich es je könnte, geschrieben.

b) Der alte „Ihr seid doch ohnehin schon privilegiert, kümmert euch lieber um X (hier Beliebiges einsetzen)“-Vorwurf und Vorschlag, der sich z. B. hier äußert „Aber anstatt etwa häuslicher Gewalt oder der überwiegend schlechten Situation alleinerziehender Mütter den Kampf anzusagen, verbringt der moderne Feminismus viel Zeit damit, über social freezing, geschlechtergerechte Sprache und Vorstandsposten zu diskutieren.“

Erstens bin ich absolut nicht der Meinung, dass Menschen, denen es besser geht als anderen, sich nicht mehr „beschweren“ dürften. Wenn eine Jennifer Lawrence oder eine Patricia Arquette im Vergleich weniger verdient als ihre männlichen Kollegen, darf sie das auch verdammt nochmal genau so ausdrücken. Und zwar ganz egal, ob sie selbst schon Milliardärin ist. Im Prinzip ist das der alte Vorwurf „Kind, dir geht’s hier viel zu gut, andere Kinder wären froh, wenn sie Nudeln mit 4-Käse-Chilli-Mangosoße hätten und würden nicht nach Tomatensoße verlangen“. Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen, auch bloße Unzufriedenheiten sollten auf jeder Ebene angesprochen werden und jeder darf sich anderes oder besseres wünschen, auch wenn es ihm bereits gut geht. Ansonsten dürften wir uns als jene 10% der Weltbevölkerung, denen es im Vergleich zum Rest glänzend geht, überhaupt nicht mehr beschweren.

Zweitens nerven mich Vorwürfe der Art „Kümmert euch lieber um hungernde Kinder statt um Straßenhunde in Bulgarien“. Ich mache dann gerne den Vorschlag, sich selbst um die hungernden Kindern zu kümmern. Wer sich wie spezialisiert und wer wo sein Herz reinhängt, ist letztlich jedermans eigene Sache.

Fazit: Ein klassisch differenzfeministischer Text, dem ich in weiten Teilen, v. a. in der Kritik an den derzeitigen, sich um sich selbst drehenden, oft übertrieben wirkenden Diskursen teile, dem ich aber in zwei durchaus entscheidenden Punkten nicht zustimmen kann.

 

Stinkt Rosa?

Immer wieder mal höre ich von Bekannten, der Feminismus wäre ihnen prinzipiell schon irgendwie sympathisch, zumindest Teile davon. Wenn nur, ja wenn nur nicht jene Ablehnung des „Femininen“ wäre. Das Ganze gipfelt dann oft in der Aussage „also ich mag ja Rosa und Glitzer, das will ich mir nicht verbieten lassen“ oder auch „meine Tochter mag eben Rosa, soll ich es ihr verbieten?“


Wenn ich dann genauer nachfrage, kommt fast immer heraus, dass es sich bei dieser Vorstellung um eine Mischung aus gängigen Vorurteilen gegenüber Feministinnen (tragen alle nur Jeans und Holzfällerhemd und schminken sich nicht) und diverser Überschriften diverser Zeitungsartikel handelt, gekrönt von der Feststellung, da gäbe es doch „irgendwie diese Gruppe, und die heißt doch ‚Pinkstinks‘, also ‚Rosa stinkt‘ „. Nun hat Pinkstinks ja zu der Rosafrage eine recht differenzierte Einstellung, wie man z. B. diesem Artikel entnehmen kann, aber leider kommt anscheinend bei Personen, die sich allenfalls sehr oberflächlich mit dem Thema Feminismus beschäftigen letzten Endes an, dass „der Feminismus“ Rosa, Glitzer, süße Dinge, Küchlein, Flitter und ähnliches kategorisch ablehnen würde oder allenfalls für Jungen und Männer adäquat fände.


Ist das so? Im Feminismus der 70er bis 80er Jahre gab es diese Tendenz im Sinne einer Auflösung von Rollen durchaus. Damals ging es dann aber auch eher darum, Kinder generell möglichst bunt zu kleiden, Mädchen wie Jungen und nicht um eine Verkehrung der Geschlechter. Das ist aber nun einige Zeit her. Ist Rosa aber im heutigen Feminismus tatsächlich „schlecht“, sozusagen the ultimative evil?


Ganz ehrlich? Die Frage ist genauso sinnig wie die Frage „ist Grün schlecht?“ Rosa ist erstmal nur eine Farbe. Problematisch wird es erst, wenn diese spezielle Farbe mit anderen Attributen vermischt wird (niedlichen Tieren, Blümchen, Schleifchen etc.) UND (!!!) dieses ganze Paket dann einem Geschlecht als obligatorisch zugewiesen wird, während es dem anderen quasi verboten wird. Das allein ist der Kasus Knacktus. Nicht die Farbe, nicht das Glitzer, nicht die süßen Tierchen für sich, sondern die Aussage „Wer rosa trägt, ist süß und niedlich und klein … und selbstverständlich ein Mädchen.“ Ich wiederhole mich, ab dann und erst DANN wird es problematisch. Wenn mit einer Farbe bestimmte Charaktereigenschaften verbunden werden und diese dann dem einen Geschlecht zugeschrieben UND dem anderen gleichzeitig verboten werden. Nein, nicht verboten in dem Sinne einer gesetzlichen Regelung. Sondern verboten in dem Sinne, dass bereits kleine Jungs mit rosa Sandalen kritisch beäugt werden – „SO lässt du ihn raus?“ Dass irgendwie eine „Verschwulung“ durch ein simples rosa Shirt an einem Jungen befürchtet wird (und warum eigentlich wäre das derart schlimm?). Dass schon die Verkäuferin im Laden sagt „Das sind aber Mädchensandalen, die sind nichts für dich.“


Es sind Fragen nach sterotypen Vorstellungen von Geschlecht, die sich der moderne Feminismus stellt. Und deshalb ist Rosa nicht schlecht und Glitzer nicht schlecht. Rosa ist eine Farbe. Eine hübsche Farbe, wenn man mich fragt (und auch die Leute von Pink stinks, so nebenbei). Glitzer finden fast alle Kinder toll – ich sage deswegen Kinder, weil ich noch kaum einen Jungen erlebt habe, der nicht jede „legale“ Möglichkeit zum Beglitzern nutzt – das Weltraumthema ist da sehr beliebt.


Also zieht Rosa an, so viel ihr wollt. Tragt Glitzerschmuck und esst süße Cupcakes – no problem at all. Aber verdammt nochmal erzählt einem Mädchen nicht, dass es ohne Rosa „kein richtiges Mädchen“ wäre oder einem Jungen nicht, dass mit ihm irgendwas nicht stimmt, weil er das rosa Shirt viel besser findet als das graue.

Ach, und übrigens: Ein rosa Shirt mit nem Hai drauf wäre mal so richtig cool. Warum eigentlich nicht?


Fazit: Muss ich mich laut Feminismus dafür schämen, Rosa zu mögen und „feminines“ Verhalten zu zeigen? Natürlich nicht! Muss ich mich laut Feminismus dafür schämen, andere Menschen oder gar Kinder anzugreifen und maßzuregeln, weil sie sich nicht rollentypisch verhalten? Muss ich mich dafür schämen, solchen Menschen (und seien es die eigenen Kinder) zu vermitteln, dass mit ihnen „etwas nicht stimmt“? Aber Holla die Waldfee – ja, natürlich!

Das Henne-Ei-Problem

Ich schreibe jetzt einen Beitrag, den ich eigentlich nicht für heute vorgesehen hatte. Das ist für jemanden wie mich, der Pläne gerne strikt verfolgt, fast schon ein GAU ;-). Aber ich möchte das jetzt wirklich loswerden.


Ich habe in den letzten Tagen mit Feministinnen gesprochen, die wirklich schon lange „im Geschäft“ sind. Und sie alle sagten mir übereinstimmend, dass sie nicht mit Maskulisten zusammenarbeiten wollten, weil diese fast in ihrer Gänze Feminismus ablehnen würden und wie sollten sie mit jemandem zusammenarbeiten, der sie und ihre Arbeit ablehnt? Sie bestätigten auch, dass es große Vorbehalte gegen Maskulismus gäbe, eben wegen dieses andauernden antifeministischen Engagements.


So. Und nun haben mir hier auf meinem Blog (und auch schon früher) zahlreiche Maskulisten beschrieben, wie furchtbar sie den Feminismus fänden, weil der (so wurde es nicht direkt gesagt, aber es war klar), so antimaskulistisch sei.


Bedeutet: Feministinnen haben etwas gegen maskulistische Projekte, weil sie glauben, diese wären antifeministisch. Maskulisten haben etwas gegen feministische Projekte, weil sie glauben, diese wären antimaskulistisch. Und so weiter.


So kann nichts vorwärts gehen.


Nun muss ich selbst zugeben, dass ich fortwährend eine implizite Frauenfeindlichkeit im Maskulismus entdecke, der Problemlagen von Frauen oft überhaupt nicht anerkennt, diese wegzudiskutieren versucht und sogar behauptet, diese hätten auch in der Vergangenheit nie existiert. Und so etwas macht mich sehr, sehr wütend, weil mich das als Frau und als Mensch nicht ernstnimmt. Es bedeutet letzten Endes: „Du hast ja keine Probleme, Du hinterngepudertes Prinzesschen. Weil Du eine Frau bist, wird dir so und so alles nachgetragen.“

Ich aber weiß ganz genau, dass das einfach nicht stimmt und dass es selbstverständlich frauenspezifische Problemlagen gibt. Ich könnte mir vorstellen, genau so sehen die Gefühle und Gedanken vieler Männer zum Feminismus aus.


Ich habe am Freitag in Wut geschrieben: „Macht euren Kram doch alleine“. Das war eine Reaktion auf Verschwörungstheorien und Beiträge, die mir unterstellt haben, ich müsse meinen Beitrag doch irgendwie mit schlechten Absichten geschrieben haben. Nun will ich aber eigentlich nicht, dass Männer „ihren Kram alleine“ machen müssen. Ich hatte zwei Großväter, ich habe einen Vater, ich habe einen Mann und ich habe Kinder, die ich alle sehr liebe und die ich unterstützen möchte. Ich sehe bei vielen von ihnen, wie sehr ihre Rolle sie einschränkt: Wenn sie z. B. fast bis zum Herzinfarkt arbeiten, weil sie meinen, nicht scheitern zu dürfen. Wenn sie ganz offensichtlich völlig fertig sind und immer noch sagen „alles kein Problem, ich schaff das“. Wenn sie tagelang nicht zum Arzt gehen, weil sie „nicht ausfallen“ wollen.Wenn sie wegen einem verdammten rosa T-Shirt niedergemacht werden. Wenn sie weinend zusammenbrechen und sich hinterher dafür in Grund und Boden schämen …


Ich will das alles nicht. Ich will, dass es Männern und Frauen so gut wie möglich geht. Die Betonung liegt dabei auf und.

Die Frage ist, wie erreicht man das? So wie bisher offenbar nicht. Wie aber dann?

 


P. S. Und noch etwas in eigener Sache. So wie letzte Woche geht es leider nicht. Ich habe einen Großteil meiner Zeit damit verbracht, Kommentare zu lesen, Kommentare zu moderieren, Kommentare zu beantworten. Und wenn mich meine Kinder fragen „Mama, warum sitzt Du dauernd am Compi?“, dann läuft ganz offenbar etwas falsch. Ich muss sehen, wie ich das in Zukunft löse. Kommentare einfach laufen lassen, geht meiner Erfahrung nach meistens gehörig schief, und führt dazu, dass sich ein paar Platzhirsche breitmachen, die alle ruhigen und gemäßigten Stimmen wütend vertreiben. Oder zu wüsten Kämpfen mit Beleidigungen. Ich möchte das daher nicht. Ich versuche, eine Lösung zu finden. Wenn das nicht geht, muss ich die Kommentarfunktion sperren. Ich möchte das zwar eigentlich auch nicht, aber meine Familie geht mir über alles. Und ganz sicher über „mein Hobby“. Das nur so als Randbemerkung.

 

 

Appell an Männerrechtler

Reden wir nicht lange drumrum: Ihr habt recht. Es geht Männern vielfach schlechter als Frauen.


Die männliche Rolle ist starrer, unmenschlicher, Vielfalt ist kaum möglich. Jungs werden schon aufgrund kleiner „Ausrutscher“ und Abweichungen von ihrer Rolle massiv ausgeschlossen, gemobbt, körperlich angegriffen. Das geht Mädchen auch so, aber, nach allem was ich erlebt habe, selten in dieser Vehemenz.


Für Mädchen- und Frauenprojekte gibt es staatliche Förderung, für Jungen- und Männerprojekte höchstens in Ansätzen. Die Selbstmordrate sowie die Zahl der männlichen Obdachlosen übertrifft die von Frauen deutlich.
Die Wehrpflicht für Männer wurde zwar ausgesetzt aber immer noch nicht abgeschafft, männliche Säuglinge und Kinder werden ganz legal beschnitten und psychische Probleme bei Männern? Ach Klimbim … das Weichei muss sich mal zusammenreißen und nicht so rumheulen.


Schon bei so einer simplen Frage wie der Kleiderordnung wird klar, wie starr und unflexibel und auch erbarmungslos die männliche Rolle immer noch ist. Es mag ja vielleicht ein kleines Problem sein, aber doch nicht unerheblich, wenn ein männlicher Arbeitnehmer massiven Ärger bis hin zur Abmahnung bekommen kann, wenn er in kurzer Hose und Kurzarm-Hemd im Büro erscheint, während das luftige Kleid für die Kollegin ganz selbstverständlich ist.


Es ist nur so: Was genau bringt es euch, wütend und oft offen neidisch auf „den Feminismus“ und Mädchen- bzw. Frauenförderung einzudreschen?
Ihr verausgabt euch, vergebt euer ganzes Potential, weil ihr euch in sinnlosen Schattenkämpfen abarbeitet.


Oder, um es ganz klar zu sagen: Mädchenprojekte werden deshalb gefördert, weil sich Frauen hingestellt haben und genau das gefordert haben, weil sie sich in Vereinen, in Gremien, in Ausschüssen politisch und außerpolitisch dafür eingesetzt haben. Dito wird Beschneidung von Mädchen genau darum mittlerweile in großen Teilen der Welt geächtet.


Die weibliche Rolle ist deshalb nicht mehr ganz so starr, weil sich nun bereits weit über ein Jahrhundert mutige Frauen (und Männer) dafür engagiert haben, dass sie geöffnet wird. Dass Frauen raus kamen aus der ihnen zugedachten Ecke, andere Kleidung tragen konnten, ihnen andere Möglichkeiten eröffnet wurden, sie Zugang zu Bildung und Berufsleben erhielten … das alles kam nicht von selbst, sondern es wurde laut gefordert und in jahrzehntelanger Kleinarbeit erkämpft.


Noch als ich in der Schule war, und das ist noch nicht allzu lange her, erlebte ich die unselige „Rabenmutterdiskussion“ in deren Verlauf massiv und höchst unfair versucht wurde, Müttern, die arbeiten, ein schlechtes Gewissen zu machen. Mittlerweile ist sie weitgehend passé. Es wurde gegen sie angeschrieben, angeschrien und auch gewütet.


Ihr aber schreibt, schreit und wütet fast nur gegen „den Feminismus“ und gegen Förderung von Frauen und Mädchen und nicht dafür, dass an eurer eigenen Situation endlich etwas geändert wird.
Mit dem Effekt, dass genau nichts für Männer passiert.


Warum stellt ihr euch nicht hin und fordert stattdessen lautstark Förderung für Jungsarbeit? Warum gründet ihr nicht Vereine, die, wie es ein bekannter Verein für Mädchen tut, nach dem Motto arbeiten „Junge / Mann sein kann man auf viele Weisen“? Warum gründet ihr nicht Männerhäuser, und fordert Geld dafür? Warum setzt ihr euch nicht für männliche Vergewaltigungsopfer ein? Warum unterstützt ihr nicht Hausmänner? Warum fordert ihr für euch nicht eine größere Vereinbarkeit von Beruf und Familie? Warum gründet ihr nicht in großer Zahl Männerberatungsstellen, die Männern z. B. im Falle psychischer Probleme beistehen? Warum engagiert ihr euch nicht vehement gegen die Beschneidung von Jungen (ich lese dazu immer nur von feministischer Seite bis hin zu Terre des femmes)? Warum geht ihr nicht gegen das Stereotyp vom „starken Mann“ vor, das verdammt hohen Druck macht?


Es bringt nichts, daheim vorm PC zu sitzen und eure Wut und euren Hass in diversen Kommentarspalten auszubreiten.
So wie jetzt, wird sich nichts, gar nichts ändern.

Weil der Feminismus nicht euer Problem ist. Sondern starre, traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit.

Katholisch 2 oder „was ich mir wünsche“

Mal angenommen, es käme morgen ein Engel vorbei, der mir zusagt, dass ich 3 Dinge an meiner Kirche ändern könne, wären das auf jeden Fall diese:


1. Demokratisierung: Die Kirche funktioniert heute noch ähnlich wie das deutsche Kaisertum im Mittelalter. Der jeweilige Papst ernennt Kardinäle (Kurfürsten), die ihrerseits wieder den neuen Papst wählen. Das halte ich für absolut unzeitgemäß und undemokratisch, auch den ursprünglichen Prämissen der Kirche zuwiderlaufend.
Es gibt weltweit knapp 3.000 römisch-katholische Diözesen. Es wäre für unsere Weltkirche absolut kein unrealistisches Szenario, dass die Katholiken der jeweiligen Diözese ihren Bischof schlicht selbst wählen. Wahlberechtigt bei der Papstwahl wären dann die gewählten Bischöfe der Diözesen + idealerweise eine weitere gewählte Person aus dem „Kirchenvolk“, sprich, ein Laie.
Der Aufwand bei einer Papstwahl, die ohnehin nicht so häufig vorkommt, wäre natürlich bei knapp 6.000 wahlberechtigten Personen hoch, aber für eine Weltkirche absolut bewältigbar.
Das Kardinalsamt wäre dann verzichtbar, die Strukturen würden etwas flacher.

Ich bin, wie ihr seht, keine Gegnerin einer zentralistischen Lösung, es hat durchaus etwas für sich, wenn es einen offiziellen Vertreter unserer Kirche gibt und sie sich nicht in einzelne Landeskirchen quasi „aufsplittert“.


2. Die Zulassung von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern und damit auch die Möglichkeit, sich zur Diakonin und zur Priesterin weihen zu lassen.
Es gibt biblisch keinen Hinweis darauf, dass Jesus Christus Frauen als minderwertiger oder unwissender als Männer angesehen hätte. Im Gegenteil, er hat Frauen (beispielsweise Maria von Bethanien oder auch die Samariterin am Brunnen) genauso unterrichtet wie seine männlichen Jünger. Ihm nahe Frauen fanden das leere Grab und wurden zur Verkündigung seiner Auferstehung zu seinen restlichen Jüngern geschickt. Auch die quasi einzige Begründung gegen die Öffnung des Priesteramtes für Frauen ist hinfällig: Weil Jesus Kreis der 12 nur aus Männern bestand, sieht man sich angeblich außerstande, Frauen zu weihen.
Selbstverständlich aber waren alle 12 der Apostel auch Juden. Davon, das Priesteramt deshalb ausschließlich für Menschen jüdischer Abstammung zu öffnen, ist man aber bereits in den ersten Jahrzehnten nach Christi Tod abgekommen. Warum man dann sklavisch an einer Nichtöffnung des Priesteramtes für Frauen festhält, ist in diesem Kontext völlig unverständlich.
Dazu kommt noch ein weiterer entscheidender Faktor: Es gibt in der katholischen Kirche die Vorstellung einer Berufung zum Priesteramt durch Gott selbst (der sogenannte Ruf). Nun gibt es weltweit zahlreiche Frauen, die von ganz ähnlichen Berufungserfahrungen berichten wie geweihte Priester. Nimmt man es ernst, dass Gott selbst diese Menschen ruft, ist die Verweigerung des Priesteramtes für Frauen Sünde, weil man sich gerade damit gegen den Willen Gottes stellt (indem man die berufenen Frauen daran hindert, ihrem Ruf zu folgen). Sich gegen Gottes Willen zu stellen aber ist, ich wiederhole mich, Sünde.


3. Die Gleichstellung von homosexuellen Menschen
Tatsächlich gibt es nur sehr wenige Bibelstellen, die sich mit Homosexualität beschäftigen. Von Jesus selbst sind uns sogar gar keine Worte zum Thema Homosexualität überliefert. Warum so mancher offizielle Würdenträger die Ablehnung von Homosexualität (v. a. von männlicher Homosexualität) ins Zentrum seines Katholizismus stellt, ist mir darum absolut schleierhaft.
Die beiden Textstellen im AT, die sich ganz explizit gegen Homosexualität richten, finden sich beide im Leviticus (18,22 und 20,13), einem Kompendium alter Gesetze, an die sich in ihrer Mehrzahl, ganz ehrlich, weder die offizielle katholische Kirche noch ihre Gläubigen halten. Ansonsten hat sich nur Paulus, und auch er eher nebenbei, Jahre nach Jesus Tod gegen Homosexualität erklärt (1 Kor 6,9; Röm 1,26-27; 1 Tim 1,10)

Er aber meinte damit ganz eindeutig eine ganz bestimmte Form der Homosexualität, nämlich die sog. „Päderastie“, die im hellenistischen Raum weit verbreitet war: Die Beziehung zwischen einem älteren Mann und einem Kind/Jugendlichen also. Die katholische Kirche bezieht ihre derart zentrale Ablehnung von Homosexualität also in erster Linie aus zwei Stellen des Leviticus (der ihr ansonsten wenig gilt) und kurzen Äußerungen des Apostels Paulus zur Päderastie.
Im äußersten Notfall könnte man aus der Schöpfungsgeschichte und Jesus Worten zum Wesen der Ehe (Ehescheidungsverbot) so etwas wie eine „gottgewollte Ordnung“ basteln, aber keine der beiden Stellen richtet sich gegen Homosexualität als Spielart menschlicher Liebe.


Nun werden sich einige wundern, warum ich die beiden Streitthemen „Zölibat“ und „geschiedene Wiederverheiratete“ nicht nenne.

Der Grund ist: Ich finde sie nicht zentral. Den Zölibat kann man durchaus abschaffen, es gibt aber auch gute Gründe dafür (u. a. die, sich vollständig dem Dienst für Gott zu widmen und die Gefahr einer „Ämtervererbung“). Was geschiedene Wiederverheiratete betrifft, gibt es hier tatsächlich klare Jesusworte, die eine Ehescheidung verbieten (z. B. Mt 5,27 ff und Lk 16,18), insofern ist die Position der katholischen Kirche hier weitgehend legitim (zumindest, was eine erneute kirchliche Verheiratung betrifft). Allerdings sehe ich nicht ein, warum man geschiedene und dann wiederverheiratete Menschen von der Kommunion ausschließen sollte. Jesus selbst hat sich oft genug mit Menschen an einen Tisch gesetzt, die in seinen Augen etwas falsch gemacht hatten. Warum also sollte seine Kirche hier anders handeln?

Sind Maskulismus und Feminismus unvereinbare Gegensätze?

Wenn man sich den öffentlichen Diskurs so ansieht, möchte man das meinen, oder?


Dennoch beantworte ich diese Frage mit einem ganz klaren „Nein“. Wie gesagt sehe ich als die größte Herausforderung des modernen Feminismus das Hinarbeiten auf einen Abbau stereotyper Vorstellungen von Geschlecht. Der Feminismus wäre damit eine Spezialisierung, die sich dieser Aufgabe v. a. was stereotype Vorstellungen von Weiblichkeit betrifft, widmet. Entsprechend wäre der Maskulismus das logische Gegenstück des Feminismus, eine Bewegung, die sich dem Abbau stereotyper Vorstellungen von Männlichkeit widmet. Ziel eines solchen Maskulismus wäre dann ganz entsprechend, die vielen unterschiedlichen Varianten des „Mannseins“ zu betonen, ihnen Raum zu erkämpfen und eben gerade nicht einschränkende Vorstellungen von Männlichkeit zu wiederholen.


Insofern wären Feministen letzten Endes dann auch Maskulisten und umgekehrt. Feminismus und Maskulismus wären damit lediglich zwei Seiten derselben Medaille, die sich jeweils bedingen. Denn wie soll der Abbau stereotyper Vorstellungen von Männlichkeit gelingen, wenn nicht auch stereotype Vorstellungen von Weiblichkeit hinterfragt werden und vice versa?


Warum ich dennoch eine, nunja, äußerst kritische Einstellung zu weiten Teilen des Maskulismus habe? Weil ich nicht feststellen kann, dass es der Bewegung, die sich gemeinhin als Maskulismus bezeichnet, tatsächlich darum geht. Vielmehr sehe ich ein Festzementieren von stereotypen Rollen, einen „Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“-Biologismus sowie eine extrem verengte, oft offen frauenverachtende Vorstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit („Frauen geht es nur darum, versorgt zu werden“, „Frauen beuten Männer aus“, „weibliche Lehrer benachteiligen systematisch Jungs“, „Karrierefrauen sind schuld daran, dass es immer weniger Kinder in Deutschland gibt“).


Es gibt allerdings rühmliche Ausnahmen. Deren prominentester Vertreter ist Christoph Kucklick.
Wer keine Lust hat, seine Werke zu lesen, nun, dem empfehle ich immerhin diesen Essay, der weite Teile seiner Ansichten pointiert darstellt. Ich würde seine Grundeinstellung als „Gleichheitsmaskulismus“ bezeichnen und kann dem uneingeschränkt zustimmen. (Gut, bis auf einen Absatz, dazu aber später. )

Ein kleiner Einblick in den Text:
„Stattdessen sind die Forscher auf einen faszinierenden Effekt gestoßen: Sie können geschlechtliche Differenzen ziemlich einfach herstellen. Frauen schneiden in Tests als einfühlsamer ab? Nicht, wenn man den Männern sagt, sie seien ebenso empathisch – dann sind sie es auch. Männer haben ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen? Nicht, wenn man den Frauen erzählt, sie seien dazu ebenso begabt; dann erzielen sie ähnliche Testergebnisse. Das Verfahren nennt sich Priming, die Impfung mit oder gegen Geschlechterklischees.
Diesen Trick beherrscht auch die Gesellschaft. Und betreibt einen monströsen Aufwand, aus den so ungemein ähnlichen Geschlechtern doch ein paar Unterschiede herauszupressen. Nichts betonen wir so wie Geschlecht – nicht Rasse, nicht Religion, nicht Einkommen, nicht Herkunft.“


Sätze, die gleichheitsmaskulistisch und gleichheitsfeministisch zugleich sind und sich mit der Rolle BEIDER Geschlechter auseinandersetzen. Kucklicks Text beschäftigt sich mit der Rolle des Mannes, mit der Dämonisierung von als männlich empfundenen Verhaltensweisen. Aber er leugnet niemals, dass die Effekte, die zu solch schematischem Denken führen, unter anderen Vorzeichen auch für Frauen gelten.

Das wirkt, im Kleinen wie im Großen. Auf zwei Gebieten haben wir besonders auffällig und viel diskutierten Erfolg: bei Gehalt und Gewalt.

Gehalt, sprich: ökonomische Chancen, enthalten wir Frauen in höherem Maße vor als Männern – besonders eklatant in den Vorstandsetagen und auf Professorenstühlen, aber auch beim Durchschnittseinkommen. Diese Lücke schließt sich zwar, aber nur sehr langsam. In Sachen Gewalt sorgt unsere Gesellschaft mit Akribie dafür, dass vor allem Männer Gewaltopfer und -täter sind. “ (Christoph Kucklick a. a. O.)

Und DAS ist ein Maskulismus, der die oben genannte andere Seite eines modernen Gleichheitsfeminismus ist.


Zum Schluss noch zu dem Absatz, dem ich nicht uneingeschränkt zustimmen kann. Herr Kucklick schreibt: „Vergleichbarer Unsinn kursiert womöglich auch über Frauen. Aber zum Glück traut sich niemand mehr, ihn zu drucken. Über Frauen liest man eher rosige Stereotype, dass sie kommunikativer, einfühlsamer und überhaupt besser geeignet für die Zukunft seien – wenn die Männer sie nur ließen.“


Leider ist dies, in Zeiten „mutigen“ Anschreibens gegen sog. „Gutmenschentum“ nicht mehr der Fall. Und in Kommentaren großer Onlinezeitungen liest man das, was Herr Kucklick hier als Unsinn bezeichnet wieder und wieder: „Frauen sind aufgrund ihrer Hirnstrukturen zu logischem Denken nicht in der Lage“, „Frauen sind zu emotional, um Führungspositionen einzunehmen“, „Frauen wollen eben gar nicht Vollzeit arbeiten“, „Frauen entwickeln sich als Kinder schneller, weil sie keine so hochstehende Lebensform sind“, so tönt es unter Artikeln von Spiegel online, der Zeit, dem Focus und anderen großen Medien sowie in diversen Blogs und Foren. Ob es gedruckt wird, ist in Zeiten des Internets nicht mehr wirklich relevant.


Insofern: Der „Unsinn“ existiert auf beiden Seiten und wird auch veröffentlicht. Dagegen gemeinsam anzugehen sollte Ziel des Feminismus und des Maskulismus sein.

Feminismus – warum das denn?

Und gleich mal die erste Ausnahme von der Sonntag / Mittwoch-Regel, weil ich morgen leider wenig Zeit habe. Und schließlich … es ist ja fast schon Mittwoch ;-). Heute also zum Thema „Feminismus – warum das denn?“

Sehr oft höre ich im Alltag die Frage, warum man bitteschön denn heute noch „den Feminismus“ brauche. Irgendwie erscheint er anachronistisch, irgendwas aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts und dann nochmal irgendwie in den 70ern … aber heute? Warum denn heute immer noch? Ja, warum?


Wie man in meinem letzten Beitrag lesen konnte, fühle ich mich eher dem Gleichheitsfeminismus zugehörig (was selbstverständlich nicht heißt, dass ich differenzfeministische Position in ihrer Gesamtheit ablehne). Damit halte ich die Herstellung absoluter Chancengleichheit für elementar.
Moment mal? Chancengleichheit? Haben wir in Europa doch schon!
Ja, rein rechtlich ist das absolut korrekt. Was dem aber entgegensteht, sind stereotype Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit, die äußerst wirksam sind.


In meinem letzten Beitrag habe ich geschrieben: „Zumindest in Europa ist es also weitgehend Konsens, dass man von einer prinzipiellen Gleichheit der Menschen unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen ausgeht.“ (Was nicht zu verwechseln ist mit einer angeblichen „Gleichmacherei“, sondern eine völlige Chancengleichheit meint).
Auch das ist richtig. Im Hinblick auf die Kategorie Geschlecht aber leider nicht. Hier wird extrem oft und mit der größten Selbstverständlichkeit eine Vorstellung von Andersartigkeit vertreten, ja von Dichotomie: „Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus“, „Männer und Frauen sind wie Topf und Deckel“, „Mädchen tragen rosa und Jungen blau“, „Männer sind hart, Frauen sind weich“, „Männer und Frauen sind wie Plus und Minus“. Solche und ähnliche Vorstellungen sind Alltag.
Dies wurde auch von (gleichheits-)maskulistischer Seite bereits erkannt: „Nichts betonen wir so wie Geschlecht – nicht Rasse, nicht Religion, nicht Einkommen, nicht Herkunft.“ (Christoph Kucklick).
Verbunden wird das Ganze meist mit einer eigenwilligen Interpretation von Gleichwertigkeit: „Sie sind völlig unterschiedlich, aber das heißt ja nicht, dass sie unterschiedlich im Wert sind“. Klingt menschlich, oder? Klingt logisch?


Was dabei nicht bedacht wird, ist, dass damit jener demokratische Grundsatz ad absurdum geführt wird, den ich in meinem letzten Beitrag genannt habe. Es wird, einfach aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe unterstellt, der Mensch WÄRE auf eine ganz bestimmte Art und Weise, würde sich auf eine ganz bestimmte Art und Weise verhalten, hätte ganz bestimmte Eigenschaften und Vorlieben. Wenn Männer hart sind und Frauen weich, muss eine „harte“ Frau folglich keine wirkliche Frau sein. Und entsprechend ein „weicher“ Mann kein richtiger Mann. Wenn Frauen zu emotional denken und kein räumliches Vorstellungsvermögen haben, muss der Mensch vor mir als Pilot ungeeignet sein, weil er zufällig eine Frau ist. Wenn Männer „hart“ sind, was sucht dieser Mensch vor mir bitte in einem sozialen Beruf? Vermutlich ist er „weibisch“ – also sozusagen fast eine Frau.
Damit schränkt eine solche Vorstellung massiv Handlungsspielräume ein – sowohl für Erwachsene als auch für Kinder.


Was dabei auch nicht bedacht wird, ist, wie sich solche stereotypen Vorstellungen von Mann und Frau als zwei gegensätzliche Pole auf Menschen auswirkt, die dem nicht entsprechen. Die „Topf und Deckel“-oder auch die „Plus und Minus“-Metapher etwa würde dann bedeuten, dass z. B. homosexuellen Paaren widersinniges, ja, unnatürliches Verhalten unterstellt wird. Schließlich sind Männer Töpfe und Frauen Deckel oder umgekehrt und das passt bestens zusammen, ergänzt sich. Was sollen denn da zwei Deckel oder zwei Töpfe zusammen? Und Minus und Minus oder Plus und Plus stoßen sich bekanntlich ab.


Der moderne Feminismus (wohlgemerkt im Westen, in anderen Ländern gilt es erst einmal Gleichheit vor dem Recht zu schaffen) muss daher meiner Meinung nach in erster Linie auf den Abbau stereotyper Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit, die unser gesamtes Leben beeinflussen, hinarbeiten. Er trifft sich hier mit der Gay Rights Movement und deren Konzept vom Abbau der „Heteronormativität“.


Ziel eines solchen modernen Feminismus muss sein, die vielen unterschiedlichen Varianten des „Frauseins“ zu betonen, ihnen Raum zu erkämpfen und eben gerade nicht einschränkende Vorstellungen von Weiblichkeit zu wiederholen. Feminismus wäre damit also eine Spezialisierung des Humanismus auf Belange von Frauen (und sein Gegenstück der Maskulismus eine Spezialisierung des Humanismus auf Belange von Männern). Ziel ist, die Handlungsspielräume von Frauen und Männern zu erweitern und einschränkende Klischees zu überwinden.

Gleichheit und Differenz

Wenn man ein x beliebiges Buch zum Thema Feminismus aufschlägt, geht es immer um eine Frage: die Frage nach Gleichheit und Differenz. Es sind diese beiden Pole, um die der Feminismus kreist. Tatsächlich sind es aber fairerweise diese beiden Pole, um die letzten Endes fast jede soziale Bewegung kreist. Der Feminismus macht hier nur keine Ausnahme.


Die beiden zentralen Feminismen sind entsprechend der Differenzfeminismus und der Gleichheitsfeminismus. Wie die Namen schon sagen, betont ersterer mehr die Differenz zwischen den Geschlechtern, zweiterer die Gleichheit, wobei die es keine trennscharfen Linien gibt. So weit so banal erst einmal.
Dem Differenzfeminismus geht es stark darum, „weibliche“ Verhaltensweisen, Eigenschaften und Denkmuster positiv zu besetzen und einen entsprechenden gesellschaftlichen Wandel zu erreichen, aber auch schlicht um die Perspektive von Frauen in der Gesellschaft. Das Spektrum ist dabei sehr groß und geht vom Matriarchatsfeminismus über den esoterischen Feminismus bis hin zu Strömungen an der Grenze zum Gleichheitsfeminismus.
Der Matriarchatsfeminismus geht beispielsweise davon aus, dass eine von Frauen geführte Gesellschaft idealer, weil friedlicher und egalitärer wäre. Der esoterische Feminismus betont die Wichtigkeit weiblicher Fruchtbarkeit, weibliche Initiationsriten, Mythologien aus weiblicher Sicht, teilweise auch den Mond als Symbol des Weiblichen. Man findet ihn z. B. häufig in neuheidnischen Gruppierungen.
Der Differenzfeminismus ist aber gleichzeitig auch der Feminismus, der im konservativen Kontext die deutlich höhere Wertschätzung erfährt. So bezeichnet sich z. B. auch die Autorin Birgit Kelle als Feministin. Da sie sehr stark die Unterschiede zwischen Mann und Frau betont und sich gleichzeitig für eine höhere Wertschätzung von von ihr als typisch weiblich empfundener Lebensläufe einsetzt, wäre sie damit eine Vertreterin des Differenzfeminismus (mit konservativem Hintergrund).


Aussagen wie „Frauen machen das Arbeitsleben besser, weil sie viel mehr soft skills haben und menschlicher führen“ oder „Kinder gehören immer zur Frau“ sind deutlich (vulgär-) differenzfeministisch. Menschen, die diese Positionen vertreten, würden sich selbst allerdings oft gar nicht als Feministen bzw. Feministinnen bezeichnen, handelt es sich dabei doch um ins Alltagswissen abgerutschte und stark vereinfachte differenzfeministische Positionen, die starken Widerhall bei in Fragen des Geschlechts eher konservativ orientierten Personen finden.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch Vertreterinnen wie Antje Schrupp, die keinesfalls dem konservativen Spektrum zuzuordnen sind, sondern eher eine pragmatische Mischung aus Differenz- und Gleichheitsfeminismus vertreten und denen es in erster Linie um das Sichtbarmachen des weiblichen Teils der Gesellschaft geht, ohne ein schematisches Bild von Männlichkeit und Weiblichkeit zu vertreten.
Wenn man den Differenzfeminismus mit anderen sozialen Bewegungen vergleicht, wäre er sozusagen die „Black Pride“-Bewegung der Frauenbewegung.


Der Gleichheitsfeminismus dagegen betont die Gleichheit der Geschlechter und zielt entsprechend auf die Betonung von Gemeinsamkeiten und nicht auf die von Unterschieden. Er ist also mit den Egalitätsbewegungen anderer sozialer Bewegungen zu vergleichen beispielsweise der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Auch hier findet sich ein großes Spektrum an Varianten – von Vertreterinnen, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern für ganz oder völlig irrelevant halten über Individualfeministinnen, die sich auf das Individuum und nicht auf die statistischen Mittelwerte konzentrieren bis hin zu Vertreterinnen an der Grenze zum Differenzfeminismus.
Vielfach wird Vertreterinnen des Gleichheitsfeminismus vorgeworfen, sie negierten Unterschiede ganz. Bis auf wenige Ausnahmen ist das aber nicht der Fall. Es geht Gleichheitsfeministinnen vielmehr um die Frage, ob diese Unterschiede eine tatsächlich so große Rolle spielen UND darum, stereotype Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit zu hinterfragen und abzubauen u. a. deshalb, weil sie dem Individuum nicht gerecht werden können (letzteres besonders ausgeprägt im Individualfeminismus).


Um das mit einem anderen Beispiel zu veranschaulichen. Es gibt sichtbare Unterschiede zwischen schwarzen und weißen Menschen. In erster Linie (Überraschung!) die Hautfarbe, genauer gesagt den Anteil an Melanin in der Haut und die damit einhergehende Widerstandsfähigkeit gegen UV-Strahlung. Zwischen den beiden Polen „schwarz“ und „weiß“ gibt es zahlreiche Abstufungen und Varianten. Aus dieser simplen Feststellung kann man aber nicht schließen, dass schwarze und weiße Menschen und die zahlreichen Varianten dieser beiden Pole bis auf diese eindeutigen Merkmale „ungleich“ wären.
Was die gleichheitsfeministische Bewegung also will, ist exakt das, was in anderem Zusammenhang zumindest in Europa weitgehend Konsens ist: Unterschiede dürfen nicht dazu führen, sowohl der Gruppe als Ganzes als auch ihren einzelnen Individuen bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen zuzuschreiben, die über die bloßen Merkmale der Gruppe hinausgehen.


En anschauliches Beispiel ist das der schwarzen Ballerina Michaela DePrince. Ihr wurde zu Anfang ihrer Ausbildung mehrfach gesagt, sie eigne sich nicht fürs klassische Ballett, sie solle lieber Hip Hop o. ä. tanzen, das würde ihr als schwarzer Frau mehr entsprechen. Ihr als Einzelperson wurde also aufgrund eines körperlichen Merkmals (Hautfarbe) un d der damit verbunenen Vorstellungen unterstellt, sie könne eine bestimmte Tätigkeit leider nicht so ausführen wie Menschen mit anderen körperlichen Merkmalen (weiße Hautfarbe). Ebenso unzulässig wäre es, aus der Tatsache, dass es wenige schwarze Menschen im Ballett gibt, darauf zu schließen, Schwarze als Gruppe würden sich (bis auf wenige Ausnahmen vielleicht) generell nicht fürs Ballett eignen. Beides aufgrund bestimmter Vorstellungen über Schwarze und Weiße.


Zumindest in Europa ist es also weitgehend Konsens, dass man zunächst von einer prinzipiellen Gleichheit der Menschen unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen ausgeht. Und nein, anders als immer wieder behauptet wird, geht es hier nicht um eine bloße Gleichwertigkeit. Sonst könnte man im Fall obiger Ballerina ja sagen „Tja, Schwarze KÖNNEN einfach kein Ballett. Dafür können sie Hip Hop. Das ist doch nicht schlechter. Sie sind gleichwertig aber nicht gleich.“
Einer Gruppe und damit auch jedem ihrer Individuen zu unterstellen, sie wäre(n) ungeeignet für eine bestimmte Tätigkeit aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit, ist, ja tatsächlich, Diskriminierung. Und damit wären wir beim Grundgedanken des Gleichheitsfeminismus: Der Herstellung völliger Chancengleichheit unabhängig vom Geschlecht.


Schon aus dieser kurzen Zusammenfassung lässt sich erkennen, dass man kaum von DEM Feminismus sprechen kann. Vertreterinnen der verschiedenen Strömungen sind sich oft völlig uneins zu bestimmten Themen. Die verbindende Klammer ist lediglich die Vorstellung von der Gleichwertigkeit der Frau.