In letzter Zeit begegne ich in Diskussionen an denen sich feministisch orientierte Männer beteiligen, oder auch in Gesprächen über solche Diskussionen immer wieder zwei einander ähnlichen, durchaus perfiden Scheinargumenten von antifeministischer Seite. Beide sind rhetorisch geschickt aufgebaut und letzten Endes ein klassischer Zirkelschluss. Bedeutet, sie klingen erstmal recht logisch, funktionieren aber ausschließlich als in sich geschlossener Kreislauf (aus A folgt B, weil aus B A folgt).
- Feministische Männer haben ein Problem mit Frauen (und sind deshalb keine Feministen).
- Feministische Männer sind die wahren Konservativen (und deshalb keine Feministen).
Zu 1.) Immer wieder wird behauptet, man kenne irgendwie, irgendwo feministische Männer, die ja ganz besonders schlimme Machos gewesen wären – allerdings im Verborgenen. Gerne wird dann psychologisch verschwurbelt darauf hingewiesen, diese Männer müssten irgendwie ein Problem mit ihrer Männlichkeit haben (weil Feministen), sie wären vermutlich devot (und devote Männer haben selbstredend ein Problem mit ihrer Männlichkeit, was auch sonst?) oder aber hätten keinen Erfolg bei Frauen und müssten sich darum einschleimen (Lila Pudel Argumentation mit klarem Versuch einer Beschämung), obwohl sie Frauen „eigentlich“ verachten (und zurück auf Los!). Das „Argument“ funktioniert also folgendermaßen „Feministen haben ein Problem mit Frauen, weil sie ein Problem mit ihrer Männlichkeit haben, sonst wären sie ja keine Feministen. Also können sie gar keine Feministen sein, weil sie ja ein Problem mit Frauen haben. Ergo: Du bist überhaupt kein Feminist, weil Du Feminist bist und irgendwie bist Du auch unmännlich, sonst wärst Du ja nicht Feminist, vermutlich kriegst Du keine ab (fällt jemandem die Parallele zur „Feministinnen sind hässlich“-„Argumentation“ auf?), also äußere dich nicht.“ Eine Verbindung aus einem klassischen (aber völlig gewollten) Zirkelschluss und einer klassischen Beschämung über angeblich „unmännliches Verhalten“ also.
Zu 2.) Hier wird der (gewollte und doppelte bis dreifache) Zirkelschluss noch ein ganzes Stück offensichtlicher. Die „Argumentation“ erfolgt ungefähr so „Feminismus ist nur was für Frauen. Nur konservative, nicht feministische Männer verteidigen Frauen. Starke Menschen kämpfen für sich allein. Feministen glauben doch, dass Frauen stark sind. Also müssen sich Frauen selbstverständlich ganz alleine verteidigen (weil starke Menschen immer Einzelkämpfer sind, klaro, oder?). Also musst Du als Mann, der Feministen, also Frauen (weil Feministen sind ja alles Frauen, weil männliche Feministen gibt es ja nicht – zurück auf Los!) verteidigt bzw. deren Positionen teilt, ein konservatives Frauenbild haben. Wenn Du so ein konservatives Frauenbild hast, kannst Du (und zurück auf Los!) gar kein Feminist sein. Wenn Du dich also feministisch äußerst, bist Du überhaupt kein Feminist. Mund halten!“
Beide verfolgen ganz offenbar das Ziel, feministisch denkende Männer mundtot zu machen und ihnen die Existenzberechtigung abzusprechen, mit der letzten Endes schlichten und auf den zweiten Blick doch recht durchsichtigen Taktik: Wenn du dich feministisch äußerst, kannst Du kein Feminist sein. Besagter Zirkelschluss also kombiniert mit klarer Beschämung (zum Thema Beschämung hat, unter anderen Voraussetzungen, aber es funktioniert auch hier, der großartige Zaunfink erst einiges geschrieben). Nummer 2 bedient sich deutlicher einem (mehrfachen) Zirkelschluss, Nummer 1 deutlicher der Beschämung. Der feministische Mann kann also in dieser „Logik“ nur „wirklich Feminist“ sein, wenn er sich … gar nicht äußert. Wie praktisch!
Besonders absurd wird das, wenn man sich vor Augen führt, dass ein beliebter Vorwurf von antifeministischer Seite an „den Feminismus“ ist, dass Männer sich „dazu ja gar nicht äußern dürften“.