Tatsächlich stimmt beides nicht. Das Patriarchat, als Begriff für eine Gesellschaft, deren einzelne Einheiten (Familie, Stamm, Clan) von einem Patriarchen (meist der Vater oder ein männliches Familienmitglied) geführt werden bzw. auch allgemein für eine Gesellschaft, deren Führung traditionell in männlicher Hand liegt, ist ein ethnologischer, anthropologischer und soziologischer Begriff. Groß gemacht wurde er z. B. vom Anthropologen Johann Jakob Bachofen, der in seinem Werk „Das Mutterrecht“, die Idee einer ursprünglich von Frauen geführten Gesellschaft (Matriarchat) entwarf, die von der Herrschaft der Männer (Patriarchat) als quasi nächste Entwicklungsstufe abgelöst wurde.
Der Haushaltsvorstand hat als solcher eine Reihe von Rechten, aber üblicherweise, da er für die Familie verantwortlich ist und oft der einzig voll Mündige (Geschäftsfähige) ist, auch eine Reihe von Pflichten (wie die Sicherstellung eines Einkommens für die Familie, die Verwaltung des Vermögens, die rechtliche Vertretung der Familie).
Auch häufig zu beobachten ist, dass in Gesellschaften, die patriarchal organisiert sind, weibliche Keuschheit bzw. sexuelle „Reinheit“ und „eheliche Treue“ eine große Rolle spielt, während dies bei Männern eine weitaus geringere Rolle spielt (entsprechend gab es eine Reihe an Kuppeleiparagraphen, die z. B. die Eltern einer Frau betreffen konnten, wenn diese beispielsweise den Verlobten bei der Tochter übernachten ließen).
Betrachten wir die rechtliche Situation in Deutschland vor der (von den C-Parteien und den Kirchen verschleppten) Reform von 1957 bzw. 1958 (Inkrafttreten), dann zeigt sich:
1. § 1363 regelte, dass der Ehemann das in die Ehe eingebrachte Vermögen seiner Frau verwaltete und dafür den Nießbrauch innehatte. Wollte die Frau auf ihr eingebrachtes Vermögen zugreifen, benötigte sie die Einwilligung ihres Ehemannes. Schloss sie z. B. einen entsprechenden Vertrag ohne Genehmigung ihres Mannes ab, war der Vertrag ungültig.
2. Der § 1354 (sog. „Gehorsamkeitsparagraph“) regelte, dass der Mann die Entscheidung in allen Angelegenheiten“ des Ehelebens trifft „Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung. Die Frau ist nicht verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Missbrauch seines Rechts darstellt.“
Der Wohnsitz der Familie wird damit durch den Vater bestimmt. Folgt die Frau ihm nicht, erfolgt daraus ein Scheidungsgrund (schuldhafte Scheidung).
3. § 1355 regelte, dass der Name des Mannes den Familiennamen bildet.
4. § 1356 BGB regelte, dass die Hauptaufgabe der Frau die Führung des Haushalts ist.
5. Ergänzend regelte § 1358, dass der Ehemann ein Dienstverhältnis seiner Frau quasi jederzeit kündigen kann „Hat sich die Frau einem Dritten gegenüber zu einer von ihr in Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet, so kann der Mann das Rechtsverhältniß ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn er auf seinen Antrag von dem Vormundschaftsgerichte dazu ermächtigt worden ist. [2] Das Vormundschaftsgericht hat die Ermächtigung zu ertheilen, wenn sich ergiebt, daß die Thätigkeit der Frau die ehelichen Interessen beeinträchtigt.“
6. Paragraphen 1626, 1627, 1628 und 1629 BGB regelten das väterliche Vorrecht in der Kindererziehung, das sogenannte „Letztentscheidungsrecht“. Trotz Protesten blieb es beim „Stichentscheid“ des Vaters, der dann 1959 durch das Bundesverfassungsgericht gekippt wurde. „Können sich die Eltern nicht einigen, so entscheidet der Vater, er hat auf die Auffassung der Mutter Rücksicht zu nehmen” (1628) bzw. “Die Vertretung des Kindes steht dem Vater zu“ (1629).
7. Bis 1957/58 (andere Quellen sprechen von 1962) musste der Ehemann, wenn die Frau ein eigenes Bankkonto eröffnen wollte, seine schriftliche Einwilligung dazu erteilen.
Einige dieser Regelungen wurden trotz Reform ähnlich beibehalten, beispielsweise, dass die Ehefrau nur dann berufstätig sein durfte, wenn dies „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist“ und dass zwingend der Name des Mannes Familienname wird (beides geändert 1977). Im Falle von Streitfällen über den Namen allerdings wurde immer noch automatisch der Name des Ehemannes Ehename, bis das Bundesverfassungsgericht diese Regelung 1991 kippte.
Dazu kam bis 1977 noch die Scheidung nach dem Schuldprinzip, die eine schuldig geschiedene Ehefrau oft mittellos zurückließ (da diese meist zuvor keiner Berufstätigkeit nachgegangen war).
Man muss dabei sehen, dass auch das im Wesentlichen 1896 erlassene BGB (1900 in Kraft getreten) bereits eine abgeschwächte Form älterer Verhältnisse darstellte. Ältere Gesetze beispielsweise in Preußen, Bayern und Hamburg räumten dem Ehemann ein Züchtigungsrecht gegenüber seiner Ehefrau (wie auch gegenüber Kindern, Lehrlingen und Dienstboten) ein.
Auch die sogenannte „Geschlechtsvormundschaft“ war bis dahin weit verbreitet, was bedeutete, dass auch unverheiratete und verwitwete Frauen sich einen männlichen Vormund wählen mussten, der ihre Belange z. B. vor Gericht vertrat. Die verheiratete Frau stand ohnehin unter der Vormundschaft ihres Mannes. So liest man z. B. in Herders Conversationslexikon von 1855 „Geschlechtsvormundschaft (Geschlechtsbeistandschaft, cura sexus), über [69] mündige, ledige oder verwittwete Weiber, auf der Vorstellung beruhend, daß die Frauen weniger geschäftserfahren als die Männer seien und daher zu gewissen Geschäften (Prozeßbetreibung vor Gericht, Testamenten, Erb- und Liegenschaftsverträgen, Bürgschaften u.s.w.) der männl. Beihilfe eines freigewählten od. obrigkeitlich gegebenen Vormundes, Beiständers, bedürfen. In andern Sachen dagegen ist das Weib selbständig. Die Frau steht unter der Vormundschaft ihres Ehemannes, außer wo sie Rechtsgeschäfte (z.B. Erbverträge) mit ihm abzuschließen hat.“
All dies sind eindeutige Merkmale einer patriarchal organisierten Gesellschaft mit männlichen Haushaltsvorstand, der die Familie (oder auch die Gesellschaft z. B. als Politiker) als Geschäftsfähiger nach außen vertritt. Die Frau hatte gar keine Möglichkeit einer solchen Position, da ihre Sphäre gesetzlich geregelt die der Haushaltsführung war. Entsprechend wurde ihr auch Bildung weitgehend vorenthalten (erst ab den 1970ern wurde es allgemein üblich, Mädchen eine „höhere Bildung“ zu ermöglichen).
Das alles zu leugnen sehe ich als Geschichtsklitterung. Ich würde mir wünschen, dass von Seiten der Männerrechtsbewegung diese eindeutige Ungerechtigkeit gegenüber Frauen nicht, wie es leider oft geschieht, weggeleugnet oder verharmlost, sondern als solche anerkannt wird.
Dass darüber hinaus auch männliche Mitglieder des Haushalts wie Dienstboten, Lehrlinge oder männliche Kinder sich dem Haushaltsvorstand zu beugen hatten, steht außerfrage, es entspricht dem Prinzip eines Haushaltsvorstandes und zeigt, dass eine patriarchal-traditionalistisch geführte Gesellschaft üblicherweise auch eine stark hierarchische Gesellschaft ist (wie man am Beispiel Saudi-Arabien oder Indien erkennen kann).
Dass Deutschland in diesem Sinne seit 1977 kein Patriarchat mehr ist, halte ich für gegeben (da die Rechte auch, anders als z. B. teils in Indien, tatsächlich angewandt wurden). Allerdings haben sich auf jeden Fall einige patriarchale Vorstellungen gehalten wie die, dass es „normal“ wäre, wenn der Familienname der des Mannes ist, die von der „Rabenmutter“ (berufstätige Frau) oder die Vorstellung, dass eine promiskuitive Frau eine „Schlampe“ wäre.
Auf http://lexetius.com lassen sich Gesetzestexte im Wandel der Zeit nachvollziehen.
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