Fassungslosigkeit

Ich bin fassungslos. Wütend und traurig zugleich. Sie haben einen meiner Brüder ermordet.

Einem alten Mann die Kehle durchgeschnitten vor den wenigen Gläubigen, die an einem Dienstagvormittag in die Kirche gehen.

Ihn gezielt ausgesucht, weil er in ihren Augen ein Vertreter der „falschen“ Religion war.

Und das mitten in Europa.

In einer Kirche an einem Dienstagvormittag.

Und sie glauben sich noch im Recht.

Wie kann man so etwas tun? Wie kann man ernsthaft glauben, man gehöre der „richtigen“ Religion an, wenn man so etwas tut?

Wie kann man ernsthaft glauben, Gottes Willen zu tun, wenn man einen wehrlosen alten Mann ermordet? Es ist feige. Es ist widerlich. An was für ein feiges und widerliches Bild von Gott muss man also glauben, um ernsthaft zu denken, so etwas wäre sein Wille?

Aus dem Irak, aus Syrien und dem Libanon war man solche Schreckensnachrichten leider beinahe schon gewohnt. Das christliche Leben in diesen Ländern ist nahezu ausgerottet. Bitter dabei war immer, dass fast alle ihre Augen davor verschlossen haben.

Aber das?

Es bringt den Schrecken nahe. Sie haben es offenbar auf uns abgesehen. Hier und überall auf der Welt.

Wie soll man darauf reagieren?

Ich bin wütend. Ich bin traurig. Ich bin so wütend und traurig, dass eine meiner ersten Reaktionen war „Werft sie alle raus!“

Ich weiß nicht, wie es weitergeht.

Ich will nicht ungerecht werden und hart.

Ich merke aber, dass ich beginne zu hassen. Vor Angst. Vor Wut. Vor Trauer.