Mit der Flüchtlingspolitik nicht einverstanden? Dann wähl doch AfD!?

Es ist vielleicht kein Geheimnis, dass ich die Flüchtlingspolitik bzw. auch generell die Einstellung gegenüber dem konservativ-reaktionären Teil des Islam, die in den meisten politischen Parteien derzeit vorherrscht, für etwas, sagen wir mal … naiv … halte.

Grund dafür ist, dass meiner Ansicht nach allzu großzügig übersehen wird, dass in Teilen des Islam bzw. auch einfach in den entsprechenden Kulturen an sich, teils ein Werteverständnis herrscht, das mit den Grundwerten einer demokratischen und offenen Gesellschaft nicht unbedingt kompatibel ist. Um es mal euphemistisch auszudrücken. Etwas plakativ aber nicht unpassend lässt sich mein Unbehagen umschreiben mit den Begriffen: traditionalistisches, stereotypes und antifreiheitliches Frauenbild (und auch Männerbild), Suche nach dem „starken Mann“, Homophobie, Antisemitismus, intolerante Haltung anderen Religionen aber auch Agnostikern und Atheisten gegenüber, Verschwörungstheorien (z. B. zum „Weltjudentum“).

Bin ich deshalb eine Kandidatin für die AfD? Ich bin etwas irritiert. Sollte ich da mein Kreuzchen setzen? Faktencheck!

Zum Glück ist ja das Parteiprogramm der AfD allüberall im Netz zu finden. Wir nehmen natürlich die offizielle Version. Mal gucken. Blätter, blätter, blätter.

  1. Punkt: traditionalistisches, stereotypes und antifreiheitliches Bild von Frauen (und auch Männern). Was bietet mir die die Alternative für Deutschland als Alternative? Unterstützung von Frauen? Von Müttern? Von Alleinerziehenden? Mehr Freiheit, weniger Traditionalismus? Weniger stereotype Geschlechtsrollen, weniger Muttermythos? Ach ja, da haben wir’s ja! Seite 39 „Familien und Kinder„. Naja, okay, Frau/Mann-Thema v. a. im Zusammenhang mit Familie? Aber wir wollen mal nicht so sein. Also los:

„6.1 Bekenntnis zur traditionellen Familie als Leitbild

Die Wertschätzung für die traditionelle Familie geht in Deutschland zunehmend verloren. Den Bedürfnissen der Kinder und Eltern gerecht zu werden, muss wieder Mittelpunkt der Familienpolitik werden.
Die zunehmende Übernahme der Erziehungsaufgabe durch staatliche Institutionen wie Krippen und Ganztagsschulen, die Umsetzung des „Gender-Mainstreaming”-Projekts und die generelle Betonung der Individualität untergraben die Familie als wertegebende gesellschaftliche Grundeinheit. Die Wirtschaft will Frauen als Arbeitskraft. Ein falsch verstandener Feminismus schätzt einseitig Frauen
im Erwerbsleben, nicht aber Frauen, die „nur” Mutter und Hausfrau sind. Diese erfahren häufig geringere Anerkennung und werden finanziell benachteiligt.“

Verstehe. Frauen wollen gar nicht arbeiten. Das ist nur diese Wirtschaft, die ihnen das immer einredet. Und die Kinder dann in die Krippe! Skandal! Im nächsten Absatz erfahre ich „Jede fünfte Frau bleibt heute kinderlos, unter Akademikerinnen war es 2012 sogar jede dritte.“  Komisch. Wahrscheinlich wieder diese Wirtschaft. Auf keinen Fall kann das schließlich die in Deutschland ziemlich schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder gar ein erdrückender Muttermythos sein, denn: Die zunehmende Übernahme der Erziehungsaufgabe durch staatliche Institutionen wie Krippen und Ganztagsschulen, die Umsetzung des „Gender-Mainstreaming”-Projekts und die generelle Betonung der Individualität untergraben
die Familie als wertegebende gesellschaftliche Grundeinheit. (S. 41)

Das alles ist mir jetzt nichts allzu Neues und findet sich auch in anderen Parteiprogrammen.Was mir aber neu ist, ist, dass sie AfD so derart betont, dass deutsche Frauen, v. a. offenbar solche der Mittelschicht, unbedingt wieder mehr Kinder kriegen müssen, statt „Masseneinwanderung“ (S. 41, Punkt 6.2, erinnert sich übrigens noch jemand an „Kinder statt Inder“?). Aber schön. Was will die AfD dafür tun? Familiensplitting (S.74, Punkt 11.3) ? Nett, aber haben die Grünen auch im Programm. Keine Bafög-Rückzahlung für Studenten bzw. Studentinnen, die während oder kurz nach dem Studium ein Kind bekommen (S. 42)? Finde ich unfair gegenüber kinderlosen Menschen oder solchen, die die Kinder eben etwas später bekommen. Wir sollen länger arbeiten? (S. 42, Punkt 6.4). Hmmm, irgendwie kann ich mich für Vorstellung, im stolzen Alter von 70 immer noch verpflichtend arbeiten zu müssen, nicht wirklich erwärmen. Da hat man dann im Normalfall doch schon so einige „Zipperlein“. Aber zum Glück betrifft mich als Frau das alles gar nicht mehr so sehr (Tja), denn: „Die Alternative für Deutschland bekennt sich zur traditionellen Familie als Leitbild.“ (…) Die AfD möchte eine gesellschaftliche Wertediskussion
zur Stärkung der Elternrolle und gegen die vom „Gender-Mainstreaming” propagierte Stigmatisierung traditioneller Geschlechterrollen anstoßen.“ (S. 41, Punkt 6.1)

Und es kommt noch besser!

Diskriminierung der Vollzeit-Mütter stoppen
Den Bedürfnissen unserer Kinder nach individueller Betreuung muss wieder Rechnung getragen werden. Eltern kleiner Kinder ist dafür der gesellschaftliche, finanzielle und arbeitsmarktliche Druck zur doppelten Berufstätigkeit zu nehmen. Wir brauchen eine tatsächliche Wahlfreiheit ohne eine Diskriminierung elterlicher Betreuung.Die aktuelle Familienpolitik in Deutschland wird bestimmt
durch das politische Leitbild der voll erwerbstätigen Frau, so dass die Anzahl außerfamiliär betreuter Kleinkinder stetig ansteigt. Die sichere Bindung an eine verlässliche Bezugsperson ist aber die Voraussetzung für eine gesunde psychische
Entwicklung kleiner Kinder und bildet die Grundlage für spätere Bindungs- und Beziehungsfähigkeit.“  Interessant. Warum nur Vollzeit-Mütter? Gibt es keine Vollzeit-Väter im Weltbild der AfD? Offenbar. Und offenbar sind die Kinder von arbeitenden Müttern dann leider auch nicht „gesund psychisch entwickelt“. Oder was genau will uns die AfD denn damit sagen? Ehrlich gesagt lässt mich diese andauernde Überbetonung der angeblichen Diskriminierung von „Vollzeit-Müttern“ und das ebenso andauernde „Schießen“ gegen berufstätige Mütter ziemlich misstrauisch werden.

Und es kommt ja dann auch noch besser „Wir wenden uns entschieden gegen Versuche von Organisationen, Medien und Politik, Einelternfamilien als fortschrittlichen oder gar erstrebenswerten Lebensentwurf zu propagieren.“ (S. 44). Danke fürs Gespräch. Als würde das jemand tun. Offenbar wird schon der Versuch, Einkindfamilien zu entstigmatisieren als „Werbung“  verstanden. Das Argumentationsschema ist merkwürdig vertraut. Wir kennen es auch aus dem Kontext Homosexualität. Wer sagt, dass die Liebe zwischen gleichgeschlechtlichen Personen völlig in Ordnung ist und diese Liebe deshalb nicht schwächer oder schlechter, hört auch gerne, man wolle die Welt „verschwulen“ und Heterosexuelle quasi zur Homosexualität oder zumindest Bisexualität umerziehen. Und was ist also die Quintessenz solcher Aussagen? Alleinerziehende (oder Homosexuelle) sind halt leider einfach „schlechter“. Kann man nichts machen.

Die straffreie Möglichkeit zur Abtreibung findet die AfD nicht gut (S. 44) „Dabei liegt nur bei drei bis vier Prozent eine medizinische oder kriminologische Indikation vor, in allen anderen Fällen wird der Schwangeren nach einer Beratung eine Bescheinigung ausgestellt, die ihr eine straffreie Abtreibung aus „sozialen Gründen“ ermöglicht“. Mooooment. Die „Bescheinigung“ bescheinigt eben nur, dass eine Beratung stattgefunden hat. Es handelt sich dabei um keinen Freifahrtschein zur Abtreibung, sondern, ganz im Gegenteil, um die Möglichkeit, die Situation zuvor von allen Seiten zu beleuchten.

Die AfD wendet sich gegen alle Versuche, Abtreibungen zu bagatellisieren, staatlicherseits zu fördern oder sie gar zu einem Menschenrecht zu erklären.

Im Klartext: Abtreibung ist kein Recht. Wenn, dann eine Gnade. Dankeschön.

Wir fordern daher, dass bei der Schwangerenkonfliktberatung das
vorrangige Ziel der Beratung der Schutz des ungeborenen Lebens ist. Werdenden Eltern und alleinstehenden Frauen in Not müssen finanzielle und andere Hilfen vor und nach der Entbindung angeboten werden, damit sie sich für ihr Kind entscheiden können.

Klingt schön. Aber im Zusammenhang mit der zuvor abfälligen Definition von Alleinerziehenden, wirkt das doch recht bigott. Erinnert mich fatal an die Einstellung meiner, also der katholischen Kirche noch vor wenigen Jahrzehnten: Alleinerziehend? Pfuibäbäh. Aber abtreiben soll die werdende Mutter dann bitte auch nicht. Sie soll schön ihr Kind bekommen und sich dafür von uns verachten lassen. Ob das die gelebte „Willkommenskultur für Neu. und Ungeborene“ (S. 44, Punkt 6.7) ist? Ich wage es zu bezweifeln.

Zusammengefasst: Für die AfD gibt es genau eine Defintion von „guter“ Familie: Die traditionelle. Vater, Mutter, Kinder. Wobei der Vater arbeitet (bis 70?), die Mutter daheimbleibt und die Kinder versorgt. Alleinerziehend sein sollte man besser nicht, abtreiben aber auch nicht. Der Faktenchek  ergibt also hier „traditionalistisches, , stereotypes und antifreiheitliches Bild von Frauen (und auch Männern)“ leider in der AfD offenbar selbst zur Genüge vorhanden. Wofür brauch ich da noch den reaktionären Teil des Islams? Kann ich offenbar alles auch bei der AfD bekommen ^^.

2. Punkt „Homophobie“. Was sagt die AfD beispielsweise zur Homoehe? Gar nichts. Aber es ergibt sich eigentlich aus 1: Wenn nur Vater, Mutter, Kinder „gut“ sind, dann muss die homosexuelle Partnerschaft leider schlechter sein (so wie auch die Einelternfamilie).

Und dann gibt es da (u. a.) noch diese Aussage (S. 54) „Eine einseitige Hervorhebung der Homo- und Transsexualität im Unterricht lehnen wir ebenso entschieden ab wie die ideologische Beeinflussung durch das „Gender-Mainstreaming“. Das traditionelle Familienbild darf dadurch nicht zerstört werden. Unsere Kinder dürfen in der Schule nicht zum Spielball der sexuellen Neigungen einer lauten Minderheit werden.“ Als wäre je geplant gewesen, „einseitig“ nur noch über Homo- und Transsexualität zu unterrichten. Ehrlich gesagt fehlt hier nur noch das Wort „Verschwulung“.

Und auch noch dies „Die Gender-Ideologie und die damit verbundene Frühsexualisierung (…)  sind zu stoppen.“ (S. 55, Punkt  8.3 Schule, Hochschule und Fosrchung).  Es ist ziemlich klar, was hier gemeint ist, denn es ist genau der Jargon der „Demo für alle“: Homosexualität als Lehrinhalt im Unterricht gleich Frühsexualisierung. Als hätte es irgendetwas mit „Frühsexualisierung“ zu tun, wenn Kindern vermittelt wird, dass es auch Menschen gibt, die Menschen des gleichen Geschlechts lieben (mal ganz abgesehen davon, dass „Frühsexualisierung“ über das Internet und die Peers auf jeden Fall stattfindet – plant die AfD dagegen eine Internetsperre?)

Mit diesen Positionen zur Homosexualität kann sich die AfD gut und gerne mit eben jenem von ihnen so kritisierten reaktionär-traditionalistischen Teil der Muslime an einen Tisch setzen und es wird wunderbare Einigkeit bestehen. Warum also sollte ich ausgerechnet AfD wählen, wenn ich eben solche Einstellungen in Teilen des Islams hochproblematisch finde? Es ist nun nicht wirklich eine Beruhigung, wenn derselbe, sorry, Quatsch, von „Biodeutschen“ vertreten wird, statt von Muslimen.

3. Intolerante Haltung anderen Religionen gegenüber: Punkt 7.6.1, S. 49

Der Islam gehört nicht zu Deutschland.

In seiner Ausbreitung und in der Präsenz einer ständig wachsenden Zahl von Muslimen sieht die AfD eine große Gefahr für unseren Staat, unsere Gesellschaft und unsere Werteordnung. Ein Islam, der unsere Rechtsordnung nicht respektiert oder sogar bekämpft und einen Herrschaftsanspruch als alleingültige Religion erhebt, ist mit unserer Rechtsordnung und Kultur unvereinbar.

Um es mal klar zu sagen: Den zweiten Satz gehe ich mit. Aber was bitte haben die Überschrift und der erste Satz da verloren? Warum genau sollte ein liberaler, mit unseren Werten kompatibler Islam, wie ihn z. B. Abdel-Hakim Ourghi vertritt, nicht zu Deutschland gehören? Der Mann (und natürlich viele andere Gruppierungen auch), ist sicherlich mehr an den Werten unseres Grundgesetzes orientiert, als so einige Evangelikale oder auch rektionär-konservative Katholiken.

4. Antisemitismus: Fairerweise muss man einfach sagen, dass das Parteiprogramm der AfD nicht antisemitisch ist. Gerade aber machte wieder dieses Thema die Runde. Es gibt also durchaus ein Problem mit Antisemitismus in der AfD. Und wenn Herr Höcke das Holocaust-Mahnmal als „Schande“ tituliert, dann befindet er sich auch damit in bester Einigkeit mit so manchem reaktionär-konservativen Muslim. Mehr dazu auch im nächsten Punkt.

5. Verschwörungstheorien: Mein Eindruck ist, dass im Islam doch in einem nicht unerheblichen Teil die „gute alte Theorie“ (*hust*) vom „Weltjudentum“ in leicht abgewandelter Form einige Zustimmung findet . Die Protokolle (der Weisen von Zion, Anm. der Redaktion) spielen außerhalb von rechtsradikalen Kreisen in der Gegenwart in Westeuropa kaum noch eine Rolle, in der islamischen Welt werden sie aber als Quelle publiziert und begründen dort Antisemitismus.“ sagt auch Marcus Funk der zu Antisemitismus forscht, in der FAZ.

Zudem gibt es noch Verschwörungstheorien von angeblichen neuen „christlichen Kreuzzügen“, für die dann u. a. orientalische Christen zur Verantwortung gezogen werden (was schon allein deshalb eine ziemlich dumme Idee der Betreffenden ist, weil ein erheblicher Teil der Menschen im Westen überhaupt keine Christen mehr sind). Leider fand die Idee vom „Weltjudentum“ auch in der AfD ihre Anhänger, allerdings immerhin nicht im Parteiprogramm. Dafür findet Herr Höcke aber in seiner mittlerweile berühmtgewordenen Rede, „Man wollte uns mit Stumpf und Stil vernichten, man wollte unsere Wurzeln roden. Und zusammen mit der dann nach 1945 begonnenen systematischen Umerziehung hat man das dann auch fast geschafft.“. Ja, die sytematische Umerziehung. Schlimm das.  Ich meine, da hat man die, ähm, die aufrechten Deutschen von vor 1945 doch nach 1945 echt einer Art „Gehirnwäsche“ unterziehen wollen! Demokratie und sowas. Ekelhaft. Dabei können ja nur linksgrün versiffte Gutmenschen rauskommen. Was sonst. Wenn der Russe (damals leider noch nicht Putin), der Ami, der Engländer und die Franzen zusammen das mit der Umerziehung angehen, das musste ja böse ausgehen. Und jetzt schon wieder: Umerziehung. Wir erinnern uns an Punkt 2. „Unsere Kinder dürfen in der Schule nicht zum Spielball der sexuellen Neigungen einer lauten Minderheit werden.““ Genau! Zum Spielball! Von sexuellen Neigungen! Von diesen Schwulen! Auf keinen Fall! (Genau das würde wohl auch ein begeisterter Islamist sagen).

Und, als kleines Schmankerl, findet sich an anderer Stelle im Parteiprogramm der AfD noch eine hübsche Verschwörungstheorie und das ganz unverdeckt:

„Das Klima wandelt sich, solange die Erde existiert. Die Klimaschutzpolitikberuht auf hypothetischen Klima-Modellenbasierend auf computergestützten Simulationen des IPCC („Weltklimarat“). Kohlendioxid (CO2) ist kein Schadstoff, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil allen Lebens.

Der IPCC versucht nachzuweisen, dass die von Menschen verursachten CO2-Emissionen zu einer globalen Erwärmung mit schwerwiegenden Folgen für die Menschheit führen. Hierzu beruft man sich auf Computermodelle, deren Aussagen durch Messungen oder Beobachtungen nicht bestätigt werden. Seit die Erde eine Atmosphäre hat, gibt es Kalt- und Warmzeiten. Wir leben heute in einer Warmzeit mit Temperaturen ähnlich der mittelalterlichen und der römischen Warmzeit. Die IPCC-Modelle  können diese Klimaänderungen nicht erklären. Im 20. Jahrhundert stieg die globale Mitteltemperatur um etwa 0,8 Grad. Seit Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts gibt es jedoch im Widerspruch zu den IPCC-Prognosen keinen weiteren Anstieg, obwohl in diesem Zeitraum die CO2-Emissionen stärker denn je gestiegen sind.
IPCC und deutsche Regierung unterschlagen die positive Wirkung des CO2 auf das Pflanzenwachstum und damit auf die Welternährung. Je mehr es davon in der Atmosphäre gibt, umso kräftiger fällt das Pflanzenwachstum aus.
Unter dem Schlagwort „Klimaneutrales Deutschland 2050“ durch „Dekarbonisierung“ missbraucht die deutsche Regierung die steigende CO2-Konzentration zur „Großen
Transformation“ der Gesellschaft, mit der Folge, dass die persönliche und wirtschaftliche Freiheit massiv eingeschränkt wird. Die hierzu geplante zwangsweise Senkung der CO2-Emissionen um mehr als 85 Prozent würde den Wirtschaftsstandort schwächen und den Lebensstandard senken.
Auf dem Weg dorthin wird auch unsere bisher sichere Stromversorgung destabilisiert und weiter verteuert, außerdem soll die Wärmeerzeugung durch fossile Energieträger praktisch auf Null gebracht werden. Die AfD sagt daher „Ja zum Umweltschutz“, macht aber Schluss mit der „Klimaschutzpolitik“ und mit den Plänen zur Dekarbonisierung und „Transformation der Gesellschaft“. Die Wahrnehmung des CO2 nur als Schadstoff werden wir beenden und alle Alleingänge Deutschlands zum Reduzieren der CO2-Emissionen unterlassen. CO2-Emissionen wollen wir nicht finanziell belasten. Klimaschutz-Organisationen werden nicht mehr unterstützt. (S. 79, Punkt 12.1).

Prima. Die Klimaverschwörung. Da ich solcherlei, wissenschaftlich übrigens völlig unhaltbare Behauptungen ablehne, sehe ich auch hier keinerlei Anreiz, AfD zu wählen (einen guten Faktencheck dazu findet ihr hier).

6. Die Suche nach dem „starken Mann“

Kurz und knapp. Bei der AfD darf es auch mal eine „starke Frau“ sein. Das war es dann aber auch schon. Jemand wie Herr Lucke, der die Partei eher wenig autoritär geführt hat, hat da keine Chance. (Ab hier ein kleiner Nachtrag, da dieser Punkt etwas kurz kam) Zumal „der starke Mann“ oder „die starke Frau“ ja mehr als nur „sehr auf die „Führungsperson“ gerichtet“ bedeutet. Es ist die Suche nach jemandem, der eben gerade keine „leisen Zwischentöne“ anschlägt, sondern der, zumindest vermeintlich, „Klartext“ redet und undiplomatisch agiert. Das ist in der AfD ebenfalls sehr ausgeprägt vorhanden. Nicht diejenigen, die eher leise-dipolmatisch sind, sondern diejenigen, die am lautesten und schrillsten schreien, stehen im Vordergrund. Ein Herr Steinmeier oder ein Wolfgang Thierse sind in der AfD eben undenkbar als Führungspersonal.

Es gibt, auch das muss ich fairerweise zugeben, einige Punkte, in denen ich mit den Positionen der AfD d’accord gehe. Das betrifft z. B. das Vollverschleierungsverbot (S. 50) , das Integrationsgebot v. a. über das verpflichtende Erlernen der deutschen Sprache (S. 63), das Familiensplitting (S. 74), die Volksentscheide auch auf Bundesebene (S. 9) und, tatsächlich, die sehr gute Passage zu Tierschutz (siehe S. 86).

Alles in allem ist aber mein Fazit: Wenn ich die Position der etablierten Parteien zu einem Teil des Islams nicht teile bzw.für naiv halte, weil ich finde, dass sie zu sehr ignoriert, dass dort vielfach eben ein sehr traditionalistisches, eindimensionales Frauen- und Familienbild vertreten wird, es zudem  ein Problem mit Homophobie, Antisemitismus, Verschwörungstheorien und der Suche nach dem „starken Mann“ gibt, dann wäre ich doch mit dem Klammeraffen* gepudert, wenn ich daraufhin ausgerechnet AfD wähle. Das wäre, als würde ich, weil mir Fisch nicht schmeckt, ausgerechnet Dorsch bestellen, statt dem Lachsgericht von der Tageskarte.

P. S. Dafür spricht auch jene Untersuchung, die festgestellt hat, dass sich die Ansichten von Pegida-Anhängern (häufig deckungsgleich mit AfD Wählern) und die Ansichten von Flüchtlingen in nicht wenigen Punkten gleichen.

P.P.S. Übrigens wundert es mich, dass in Männerrechtler-Kreisen die AfD doch teils breiten Zuspruch erntet. Denn Punkt 4.4.2. (S. 36) dürfte eigentlich so gar nicht in deren Sinne sein „4.4.2 Wehrpflicht wieder einsetzen
Art. 87a des Grundgesetzes bestimmt: „Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf.“ Die Landesverteidigung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Sie betrifft den Kern
staatlicher Existenz und unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Daher ist der Auftrag der Bundeswehr Verpflichtung für jeden Staatsbürger. Wir erkennen den Ausnahmefall des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen an, sehen aber den Wehrdienst junger Männer aus allen gesellschaftlichen Schichten in den Streitkräften als Regelfall an.

* Ja, ja, lieber Verfechter der korrekten Anwendung der deutschen Sprache, ich weiß, ich weiß, eigentlich heißt es „mit dem Klammerbeutel gepudert“. Aber als ich jung war, in den 90ern, war in meinem Umfeld „mit dem Klammeraffen gepudert“ die maximale Steigerung des „Klammerbeutels“. Genauso wie „bist Du denn des Wahnsinns zartknusprige Beute?“ als Steigerung von „Bist Du denn des Wahnsinns?“ Auch das wäre hier übrigens passend „Ich wäre ja des Wahnsinns zartknusprige Beute, dann ausgerechnet AfD zu wählen“. Okay?

Herkunftsfragen … Welche Rollen spielen Milieus heute noch?

Okay, das hier wird einerseits ein sehr persönlicher Beitrag, andererseits möchte ich in dem Zusammenhang aber auch einige gesamtgesellschaftliche Fragen aufwerfen.

In meinem Umfeld gibt es sehr selten Ehen, in denen die Partner aus unterschiedlichen sozialen Milieus kommen. Eigentlich weiß ich nur eine weitere, da war die Frau aus der „Arbeiterschicht“ (modern auch „prekäres-traditionelles Milieu“) und hatte eine kleine Ausbildung gemacht und er aus gutbürgerlichem Hause und studiert, diese Ehe ist aber mittlerweile mit Pauken und Trompeten gescheitert.

Ansonsten gibt es nur noch uns. Auf gewisse Art und Weise sind wir ein Sonderfall, da mein Mann ein „aufgestiegenes Arbeiterkind“ ist. Meine Urgroßeltern waren teilweise auch noch Bauern und Kleinbürger, aber mit hohem Bildungsanspruch, so dass es bereits in der Generation meiner Großeltern einen großen Anteil an Lehrern und Juristen gab.

Teilweise laufen wir in der Beurteilung durch unser soziales Umfelds unter „The Lady and the Tramp“.

Mein Mann und ich sind uns charakterlich sehr ähnlich, aber es fallen immer noch einige deutliche Unterschiede und damit auch Reibungspunkte auf, die recht eindeutig aus den Herkunftsfamilien resultieren, als da wären:

a) So lächerlich es klingt: Ein Streitpunkt zwischen uns ist bis heute die Wäsche. Für mich hat die fest und geruchsarm zu sein, sonst ekelt es mich – weichgespülte Wäsche, igitt. Für meinen Mann ist sie nur dann „frisch“, wenn ein billiges, stark künstlich riechendes Waschmittel verwendet wird und das ganze dann noch mit tonnenweise Weichspüler labbrig gespült wird. Das klingt doof, aber tatsächlich ist das echt ein Reibungspunkt im Alltag. Und es ist etwas, was meiner Erfahrung nach tatsächlich milieuspezifisch ist.

b) Der Umgang mit Medienkonsum v. a. Fernseher. Ich durfte nur sehr sehr reduziert fernsehen und nur Ausgewähltes (war oft auch sehr nervig). Bei meinem Mann daheim lief quasi 24/h täglich die Glotze. Das hat bis heute zur Folge, dass ich die Kinder eher weniger und mit schlechtem Gewissen gucken lässt, er einen nunja … eher sehr freien Umgang mit dem Thema Fernsehen hat.

3. Essen. Für Vollkornbrot und Gemüse ist mein Mann bis heute nur bedingt zu erwärmen – er hat ein Faible für Fastfood. Ich muss auch zugeben, dass ich als Kind so sehr gesund (über-)gefüttert wurde, dass mich das teils nicht so stört, aber seit wir die Kinder haben, meldet sich da schon oft das schlechte Gewissen bei mir. Mein Mann würde den Kindern aber bedenkenlos eine Kombination aus Milchschnitte, Apfel und Bifi mit in die Schule geben, während ich eher die Vollkornbrote mit Frischkäse und Gurke schmiere (naja, welche Pause haben die Kinder wohl lieber …).

4. Der Umgang mit Alkohol auf Feiern. Bei mir in der Familie ist es halt so auf Familienfeiern: Alle möglichen Darbietungen, viel Geplauder, dazu gutes Essen und etwas Wein oder Bier für die Erwachsenen und das auch nur in Maßen und wer will. Als ich das erste Mal auf einen Geburtstag bei meiner Schwiegerfamilie eingeladen war, war ich etwas entsetzt. Die Menschen waren warmherzig, das ja, aber „Feiern“hieß halt in erster Linie „Alkohol“. Und das viel. Und es wurde auch nicht so wirklich drauf geguckt, was ältere Kinder so trinken. Das war schon ein Kulturschock. Und obwohl mein Mann keinen Alkohol mag, hat sich das so eingegraben, dass er sich auf Feiern verpflichtet fühlt zu trinken.

5. Die Sprache. Mein Mann spricht oft sehr direkt und neigt zu dem derbem Humor seiner Herkunftsfamilie. Da er studiert hat, benützt er Fremdwörter aber dazu extrem häufig. Wesentlich häufiger als dies Menschen tun, die aus einem „Bildungshaushalt“ kommen. Diese, wie ich finde, recht niedliche, Kombination aus sehr direkter Sprache und dem Gebrauch sehr vieler Fremdwörter, ist recht typisch für die Akademiker aus Arbeiterfamilien, die ich kenne. Und sie stellt oft ein handfestes Problem dar, weil Menschen aus bildungsnahen Schichten oft deutlich indigniert (also peinlich berührt und naserümpfend) darauf reagieren – gerade auch auf die ihnen fremde Art von Humor (ich schließe mich da nichtmal völlig aus).

Alles in allem entstehen also doch im alltäglichen Zusammenleben einige Reibungspunkte. Ich frage mich, ob das der Grund ist, warum es doch so viele „milieuhomogene“ Ehen gibt?  Oder liegt dies schlicht daran, dass man sich überhaupt nicht kennenlernt, weil man wenig Berührungspunkte im täglichen Leben hat. Warum vermischen sich die Milieus so wenig?

Ebenfalls interessant finde ich die Frage, ob es Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts eventuell eine Phase höherer sozialer Mobilität gab als heute? Ich habe dazu wenig gefunden. Aber tatsächlich fällt auf, dass sehr viele Akademiker von heute ursprünglich aus bäuerlichen oder kleinbürgerlichen Verhältnissen stammen – allerdings meist die Urgroßeltern oder allenfalls noch die Großeltern.

Ich habe den Eindruck, dass mein Mann und noch einige wenige andere Bekannte als „Aufsteiger“ die große Ausnahme darstellen. Ist die soziale Mobilität überhaupt gegeben? Oder spielt das Elternhaus, die Sprache und die Umgangsweise, die man dort lernt, doch so eine große Rolle dabei, ob man von bildungsnahen Schichten anerkannt und akzeptiert wird? Wenn man z. B. auf die politische Bühne schaut, gibt es dort erschreckend wenig Nicht-Akademiker bzw. Menschen mit einer Herkunft aus bildungsfernen Schichten.Woran liegt es? Weil sich Menschen aus diesen Milieus nicht für Politik interessieren? Weil sie mit den Umgangsformen des akademisch geprägten politischen Betriebes nicht zurecht kommen? Wie viele Menschen in gehobenen Berufen stammen ursprünglich aus bildungsfernen Milieus?

Und noch ein kleines, witziges Detail zum Schluss: Tatsächlich hat es auch meine Schwester zu einem „aufgestiegenen Arbeiterkind“ gezogen (ich habe sie, da sie weiter weg wohnt, jetzt oben nicht unserem direkten sozialen Umfeld zugerechnet). Das finde ich, aufgrund der ziemlich geringen „Dichte“ in unserem Umfeld, doch sehr interessant.

 

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Falschbeschuldigung – „das perfekte Verbrechen, um einen Mann aus dem Weg zu räumen, ohne selbst ein Risiko einzugehen“?

In der aktuellen Kolumne von Margarete Stokowski las ich zum Thema Falschbeschuldigung das ZitatEs ist das perfekte Verbrechen, um einen Mann aus dem Weg zu räumen, ohne selbst ein Risiko einzugehen.

Es handelt sich um ein Zitat aus einem Interview der taz mit Jörg Kachelmann. Er sagt dort konkretDie hohe Zahl der Falschbeschuldigungen liegt daran, dass Täterinnen meist völlig straffrei ausgehen. Es ist das perfekte Verbrechen, um einen Mann aus dem Weg zu räumen, ohne selbst ein Risiko einzugehen.“

Da musste ich doch ziemlich mit dem Kopf schütteln. Ohne selbst ein Risiko einzugehen? Das klingt so, als könne man als Frau so eben im Vorbeigehen einen Mann der Vergewaltigung beschuldigen, wie man eine Semmel beim Bäcker kauft.

Tatsächlich aber ist es doch so, dass gesellschaftlich eine Frau, die als Falschbeschuldigerin gilt, ebenso geächtet wird, wie ein Mann, der als Vergewaltiger gilt. Das Risiko, als Falschbeschuldigerin zu gelten („es wird mir keiner glauben“), habe ich mehrfach als Begründung dafür gehört, warum eine Vergewaltigung nicht angezeigt wurde. Und prinzipiell ist natürlich (siehe Fall Arnold) auch die falsche Verdächtigung eine Straftat, die geahndet werden kann und zwar auch mit jahrelangen Haftstrafen. Mal abgesehen davon, dass eine Strafanzeige mit dem ganzen Rattenschwanz an Befragungen, Aussagen vor Staatsanwaltschaft und Gericht an sich nie ein Zuckerschlecken ist.

Hätte er „straffrei“ geschrieben, hätte man dem Satz in der Rechtspraxis bis zu einem bestimmten Punkt zustimmen können. Aber „risikolos“ ist absoluter Unsinn. Eine Frau, die eine Falschbeschuldigung plant, setzt sich demselben Risiko eines „sozialen Todes“ aus, wie ein Mann, der vergewaltigt. Nun mag man in solchen Fällen „selbst schuld“ sagen oder denken.

Aber was ist mit Menschen, die unschuldig sind?

Jemand, der falschbeschuldigt wird, hat ein hohes Risiko für besagten „sozialen Tod“. Ein Vergewaltigungsopfer stirbt, wenn es als Falschbeschuldiger/in gebrandmarkt wird, diesen sozialen Tod zusätzlich noch zur Tat an sich.

Jörg Kachelmann scheint die ganze Zeit um diesen Gedankengang herumzulavieren, die taz fragt auch an einer Stelle entsprechend nach („Es ist auch erwiesen, dass sehr viele Frauen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben, diese nicht zur Anzeige bringen. Auch deshalb, weil sie fürchten müssen, dass man ihnen nicht glaubt, oder dass sich das, was ihnen wiederfahren ist, vor Gericht nicht zweifelsfrei beweisen lässt.“).

Jörg Kachelmanns Antworten auf solcherlei Fragen?

Die größte Gefahr für echte Opfer sind Falschbeschuldigerinnen.

Ah?! Das wäre in etwa so, als würde man behaupten „Die größte Gefahr für falschbeschuldigte Männer sind Männer, die vergewaltigen. Nicht die Falschbeschuldiger/innen an sich, sondern die Vergewaltiger“.

Trotzdem interessant, denn an dieser Stelle gibt er offensichtlich durch die Blume zu, dass die Angst davor, als Falschbeschuldigerin zu gelten, ein wesentlicher Grund für das Nichtanzeigen einer Vergewaltigung sein kann.

Und weiter: Es ist auch leider so, dass die Mehrheit dieser echten Opfer nicht anzeigt. Nicht, weil diese kein Vertrauen in Polizei und Justiz hätten, sondern eben jeder einzelne Fall zu anderen Verarbeitungsmechanismen bei den betroffenen Mädchen und Frauen wird – und diese führen nicht immer über eine Anzeige.

Recht offensichtlich wird an dieser Stelle plötzlich wieder von der unangenehmen Frage abgelenkt, ob nicht die Angst, als Falschbeschuldigerin zu gelten, ein wesentlicher Grund für nicht erfolgte Anzeigen sein kann.

Er bringt dann einige Beispiele für seine Behauptung, die alle ein wenig an den Haaren herbeigezogen wirken (ein Mädchen, das im Familienurlaub vergewaltigt wird und nichts sagt, um den Eltern kein schlechtes Gewissen zu machen). Aber sei’s drum.

Aufmerken lässt dann noch der SatzDas hohe Vergewaltigungsrisiko kann nicht durch die Justiz am Ende der Präventionskette gemindert werden, sie hat schon alle Werkzeuge in der Hand.“

Ah? Bei Falschbeschuldigungen lasen wir doch, man erinnere sich, kurz zuvor noch etwas völlig anderes, geradezu Konträres Die hohe Zahl der Falschbeschuldigungen liegt daran, dass Täterinnen meist völlig straffrei ausgehen„.

Es ist doch recht interessant, dass dies zwar für Falschbeschuldigungen gelten soll, für Vergewaltigungen aber nicht.

Meine Lieblingspassage im Interview ist aber diesePolitiker und auch Sie müssen aufhören, Frauen mit fürsorglichem Sexismus als Wesen zu sehen, die ein bisschen schwach und doof sind und die so gerne anzeigen würden, wenn’s ein bisschen schöner wäre, wie Sie gleich schon in Ihrer Frage eben mitteilten. Wir können Frauen nicht zwingen, konsequent anzuzeigen. Und die Gründe, das nicht zu tun, sind vielschichtiger als die frei erfundene These in Ihrer Frage, dass Frauen immer etwas fürchten. Ich habe Frauen zeit meines Lebens ziemlich furchtlos erlebt, während Sie bemerkenswerterweise nur verschreckte Heimchen zu kennen scheinen.

Ah? Herr Kachelmann hat doch selbst zuvor einige Beispiele genannt, warum Frauen nicht angezeigt haben. Ausnahmslos alle hatten mit Angst zu tun. Welche Gründe sollten es denn sein, außer Angst in irgendeiner Form? Vor dem Täter, vor der Reaktion des Umfelds, vor Verlust von Familie, Ehre, Ansehen, Liebe, Freundschaften, Angst vor dem Behördenmarathon und davor, als Falschbeschuldigerin zu gelten … Ich bin gespannt.

Besonders liebe ich ja immer diese impliziten „Frauen sind stark“-Sätze, die in solchen Aussagen ganz plötzlich und ziemlich sinnlos mitschwingen. Wer Angst hat, kann trotzdem stark sein. Und es ist auch nicht schlimm, schwach zu sein und hilflos, wenn man etwas Schlimmes erlebt hat. Mit „doof sein“ hat dies nichts, aber rein gar nichts zu tun. Auch starke und kluge Menschen können in bestimmten Situationen Angst haben und hilflos sein. Auch Männer übrigens. Solche Aussagen sind ebensolche Nonsense-Aussagen wie die fiktive aber doch oft in ähnlicher Form gehörte Behauptung „Männer können eine Straftat doch wegstecken. Die sind stark“.

 

 

 

 

 

 

Ein wunderbares Jahr 2017 für euch!!!

„Spät kommt ihr, doch ihr kommt …“

In diesem Fall nicht Graf Isolan, sondern meine guten Wünsche zum neuen Jahr  :-).

Ich wünsche allen, die diesen Blog lesen, ein wunderbares Jahr 2017. Mögen eure Träume und Wünsche in Erfüllung gehen!

Der ganzen Welt wünsche ich (ja, man darf träumen) eine friedlichere Zeit, als es das Jahr 2016 war.

Und, da ich gläubig bin, wünsche ich euch allen auch Gottes Segen für das Jahr 2017!

Und das mit den wunderschönen Worten aus dem Buch Mose, mit denen in nahezu allen christlichen Kirchen die Menschen in den neuen Tag gesandt werden

„Der Herr segne dich und behüte dich;

der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;

der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“

Mit den besten Wünschen

Eure Margret

 

 

Lillifee und das rosa Mathemonster

Auf Spiegel wird Sybille Bergs aktuelle Kolumne zum Thema Mädchen, MINT-Fächer, rosa Prinzessinen und Einhörner ja gerade heiß diskutiert.

Ich bin ja jemand, der die Ansicht vertritt, das Kind weitgehend (aber auch nicht nur) selbst entscheiden zu lassen, was es tragen will oder mit was es spielen mag. Andererseits stößt diese Einstellung schon manchmal sehr an ihre Grenzen, wenn eindeutig nur noch Freunde bzw. Freundinnen imitiert werden und das ganze nichts „Eigenes“ mehr hat. Meist beginnt diese starke Beeinflussung durch die Peer Group im zweiten Kindergartenjahr, also so mit 4. Und, ich gebe es zu, ich finde das überhaupt nicht einfach.

So habe ich prinzipiell – bei beiden Geschlechtern – wenig gegen Rosa, Glitzer und Einhörner. Schlimm finde ich es allerdings, wenn es völlig überhand nimmt und einseitig klischeemäßig wird. Es erklärte z. B. meine Kleine nach mehreren Folgen Lillifee im Brustton der Überzeugung „Wenn ich mal groß bin, will ich Prinzessin, Fee und Ballerina werden, oder wenigstens eins von den Dreien“. Da musste ich schon schlucken. Sehr zukunftsträchtige Berufe, das ^^.

Oder dasselbe Kind verweigerte im Winter jedwede Hose, weil ihre Freundinnen angeblich nur Kleider tragen würden. Interessanterweise sah sie dabei nur das Vorbild der beiden Freundinnen, die sehr klischeemäßig auftraten und nicht das Vorbild der beiden Freundinnen, die durchaus auch Hosen und Fußballshirts trugen. Sie hatte dann eine handfeste Erkältung, trotz dicker Strumpfhose und ich hätte mich in den Allerwertesten beißen können, weil ich dem Unsinn nachgegeben habe.

Als sehr problematisch erachte ich übrigens eigentlich nicht das Glitzer, das Rosa und die Pferdchen, sondern die Tatsache, dass viele Eltern nicht einmal versuchen, ihre Mädchen für MINT-Fächer zu interessieren (warum sollten sich Mathe und Glitzer denn eigentlich widersprechen?) und viele Serien und Bücher für Mädchen genau das unterstützen. Nach dem Motto „interessiert sie ja eh nicht, ist ja ein Mädchen“. Das ist dann, als würden Eltern ihr Kind von klein auf vor die Glotze packen, es nie an die frische Luft lassen, ihm den ganzen Tag Fastfood zu futtern geben und sich hinterher darüber wundern, warum um alles in der Welt das Kind so dick ist und unsportlich noch dazu und außerdem kein Gemüse mag.

Wie wäre es mal mit „Lillifee und das rosa Mathemonster“? Das dürfen dann gerne auch Jungs lesen ;-).

 

Mehr zum Thema: „Stinkt rosa?“

 

 

Syrien und kein Ende

Die letzten Tage lese ich immer wieder Appelle dafür, jetzt bezüglich Syrien doch endlich mal „auf die Straße“ zu gehen. Andere beklagen, ganz ähnlich, die tatsächliche oder angebliche Teilnahmslosigkeit der Menschen in Deutschland. Ton in etwa „Wie kann man so weiterleben in Deutschland bei dem, was in Syrien geschieht?“

Ich bin ja prinzipiell ein Mensch, der durchaus dazu bereit ist, für seine Überzeugungen auch auf die Straße zu gehen. Aber im Falle Syrien frage ich mich ganz ernsthaft: Für wen oder was denn?

Allgemein irgendwie für den Frieden? Da die Perspektiven völlig fehlen, wäre das eine bloße nette Worthülse.

Für eine der Gruppierungen im Bürgerkrieg, auf der einen Seite Baschar al Assad, der Iran und Russland, auf der anderen Seite diverse, zum Großteil islamistische und dschihadistische Gruppierungen? Wohl kaum!

Für eine militärische Intervention des Westens? Der Irak und Libyen zeigen, wohin das führt. Und wie wenig so ein Eingreifen offenbar die Situation verbessert, wie sehr es sogar dazu geeignet ist, die Situation zu verschlechtern.

Es gibt keine Perspektive, keinen Wert, wofür man auf die Straße gehen könnte. Selbst diejenigen, die solche Appelle aussprechen oder weiterleiten, haben sichtbar und ganz offensichtlich überhaupt keine Ideen, was genau dort geschehen soll.

Und so lange wird sich auch keiner engagieren. Nicht aus Desinteresse, sondern einfach, weil die Perspektiven und Lösungsmöglichkeiten völlig fehlen.

 

 

Differenzierungen – schwul, lesbisch, hetero, bi/pan?

Unter meinem Beitrag „Ich bin bi – hihi“ gab es ja eine lebhafte Diskussion darüber, was als bi anzusehen ist und was nicht. Einige Kommentatoren vertraten dabei eine sehr „weite“ Definition, nachdem quasi jede(r), der schonmal einen Dreier hatte oder Sex mit einer Person des eigenen und des anderen Geschlechts, bi/pan sein müsse. Das hat mich dazu gebracht, die Bezeichnungen noch einmal zu reflektieren – mit offenem Ergebnis.

Im Film „Mambo Italiano“ z. B. gibt es zum Schluss die nicht völlig unübliche Situation, dass der (ehemalige) Freund des Hauptdarstellers verheiratet mit einer Frau ist, mit der er offenbar zumindest einmal geschlafen hat, während er zugleich oft „Angelurlaub“ mit Männern macht. Er selbst bezeichnet sich als hetero.

Was ist er also? Bi/Pan, weil er zumindest einmal mit einer Frau geschlafen hat und verheiratet ist, aber auch einen Exfreund hat und viele „Angelfreunde“? Nach der weiten Definition einiger aus besagter Diskussion, ja. Oder ist er, wie der Film es nahelegt, eigentlich schwul, aber will sein Gesicht wahren? Oder geht es rein um die Selbstbezeichnung? Dann allerdings wäre er hetero, trotz Exfreund und Anglerfreunden.

Wie ist es mit Thomas Mann? Er war verheiratet und hatte 6 Kinder mit seiner Frau. Trotzdem war er offenbar (auch) an Männern interessiert – allerdings lebte er das vermutlich nie aus. Was also war er? Bi? Schwul? Hetero?

Was ist mit einer Frau, die zunächst mit einem Mann verheiratet war und Kinder hatte, dann aber zu ihrer Freundin zieht und sich als lesbisch definiert? Was ist sie? Bi/Pan? Oder war sie „eigentlich“ schon immer lesbisch? Oder war sie hetero und wurde lesbisch?

Was also setzt man an? Die Selbstbezeichnung (dann wären allerdings Männer, die sich als hetero definieren aber mit Männern schlafen, hetero)? Die Frage nach tatsächlichem Interesse an dem einen, dem anderen oder mehreren Geschlechtern? Die Frage nach sexuellen Erfahrungen (danach wäre allerdings ein nicht unerheblicher Anteil der Menschen, die sich als homosexuell und auch als heterosexuell verstehen, bi/pan)?

 

 

 

Leseempfehlung „AfD-Logik überwinden“ von erzählmirnix

Ich möchte quasi als Ergänzung und Erweiterung zu meinem gestrigen Artikel auf einen sehr guten Beitrag von erzählmirnix verweisen: Afd-Logik überwinden. Erzählmirnix stellt dort auf sehr klare und gleichzeitig differenzierte Art und Weise dar, wie eine bestimmte Form von PC dazu geeignet ist, Menschen zu verschrecken, die eigentlich dem eigenen Thema gegenüber aufgeschlossen wären und damit Populisten in die Hände zu spielen. Gleichzeitig zeigt sie auch auf, wie Populisten diesen Mechanismus sehr gut für sich zu nutzen wissen, indem sie gezielt provozieren und beleidigen, sich dann als Opfer inszenieren und bei Menschen, die ungewollt etwas „Falsches“ gesagt haben und dafür ungerechtfertigt angegriffen wurden, entsprechend auf Verständnis hoffen.

Es entspricht auch meiner Erfahrung, dass rechtspopulistische Parteien auf diese Art und Weise Mitglieder, Wähler und Sympathisanten gewinnen. Und es sind durchaus etablierte Parteien, die durch eher willkürliches Ausschließen von Menschen vom Diskurs dazu beitragen, diese Wähler und Sympathisanten erst zu erzeugen.

Im Dialog bleiben

Immer wieder liest man in letzter Zeit, dass man mit „denen“ sowieso nicht reden könne und, noch wichtiger, es auch nicht solle. Gemeint sind damit üblicherweise Anhänger von AfD und Pegida oder auch FPÖ, gerne aber auch Menschen, die aus irgendwelchen Gründen im Verdacht stehen mit der AfD oder der FPÖ zu tun zu haben.

Ich persönlich halte das für, vorsichtig ausgedrückt, die falscheste Strategie auf Erden. Ich gehe sogar noch weiter und sage, dass es ein fast todsicherer Weg ist, Rechtspopulisten stark zu machen.

Denn, ganz ehrlich, viele Menschen, die es in Betracht ziehen, die AfD oder die FPÖ zu wählen, sind nicht irgendwie stramm rechts eingestellt oder identifizieren sich tatsächlich mit weiten Teilen des Parteiprogramms rechtspopulistischer Parteien. Ein guter Anteil von ihnen hat Angst oder tatsächlich Sorgen (ja!), und dazu den Eindruck, in dieser Angst nicht ernstgenommen zu werden. – Eine fatale Mischung.

Denn wenn Angst und Sorgen von den Volksparteien nicht ernstgenommen, von rechtspopulisten Parteien aber aufgegriffen werden, dann wird genau das dazu führen, dass rechtspopulistische Parteien erstarken. Weil der Eindruck entsteht: Nur die nehmen uns ernst!

Es ginge aber darum, Ängste zu zerstreuen und, wo sie berechtigt sind, nach Lösungen zu suchen.

Wenn Menschen befürchten, dass unter Flüchtlingen vermehrt frauenfeindliche, homophobe und antisemitische Einstellungen vertreten sind, dann sollte man das ernstnehmen und nach Lösungen suchen, statt abzublocken und diejenigen, oft sogar mehr links denn rechts eingestellen Personen, vom gesellschaftlichen Dialog auszuschließen. Das erst treibt sie in die Arme von Rechtspopulisten.

Im Dialog bleiben sehe ich als wirksamstes und quasi einziges Mittel, den Einzug der Rechtspoulisten zu stoppen.

„Ich bin bi – hihi“ – Warum ich verstehen kann, dass uns lesbische Frauen oft nicht leiden können

Ich sag es gleich zu Anfang: Der Artikel wird bitterböse und stellenweise gemein. Mea Culpa.

Aber beginnen wir ganz von vorn: Kürzlich hat sich eine gute Bekannte vor mir geoutet. Für mich war die Frage, wen sie liebt, selbstverständlich kein großes Thema (zumal es mir ohnehin schon länger klar gewesen war). Es stellte sich aber heraus, dass sie große Angst gehabt hatte, mir von ihrer Freundin zu erzählen, da ich religiös bin und religiöse Menschen oft schon negativ reagiert hatten. Konnte ich verstehen. Sie war dann sehr erleichtert, dass ich positiv reagiert habe.

Und ich überlegte kurz, ob jetzt vielleicht der Zeitpunkt gekommen wäre, mich ebenfalls zu outen. Soldidarisch. Um ihr zu vermitteln, dass sie von mir nichts zu befürchten hat. Ich hab’s dann gelassen. Grund: Das grottenschlechte Image von bisexuellen Frauen bei lesbischen Frauen.

So wie sie Angst hatte, dass ich sie gleich mit Weihwasser besprenkle und „Weiche von mir, Satan“ schreie (nein, nicht wirklich, aber ihr wisst, was ich meine), hatte ich Angst, dass sie stante pede einen halben Meter zurückspringt und sich nie wieder meldet, weil sie befürchtet, dass ich ihr einen Dreier aufdrängen will.

Denn das Problem sind … sie. Also die Dreier-Bis.

Dreier-Bis sind Frauen, die noch nie eine Beziehung mit einer Frau hatten, noch nie in eine verliebt waren und das auch gar nicht wollen („Irgendwie stand ich schonmal bissel auf meine BF, so rein optisch – hihihi“). Sie haben ausschließlich Beziehungen mit Männern. Warum sie sich trotzdem bi nennen (aber bloß nicht zuviel!)? Weil sie Dreier „irgendwie schick“ finden. Ab und an rennen sie dann noch auf ebenso todschicke „Bi-Partys“. Wer sich nun fragt, was genau das sein soll, der lese gerne hier nach. Jup. Der fleischgewordene Hetero-Mainstream-Porno-Traum. Lauter geile wilde Weiber, natürlich allesamt ganz wunderherrlich und eigentlich doch hetero und in festen Beziehungen mit Männern und so, aber schon auch irgendwie bi, nur so im sexuellen Sinne und nur so bisschen, bloß nicht zuviel, versteht sich, und alle mit mindestens C-Körbchen und so, die gemeinsam mal die Sau rauslassen – mit Vibrator und Strapsen etc. (wird das eigentlich gleich live ins Netz übertragen?).Der geneigte Leser fragt sich, ob da irgendeine(r) deutlich zuviel Beate Uhse Pornos gesehen hat. Aber lassen wir das.

Dreier-Bis flöten Sätze wie „Ich will mal meine lesbische Seite entdecken“. Ihre Motivation bewegt sich irgendwo zwischen „Mein Freund findets geil“ und „Mein Mann wird eifersüchtig, wenn ich mit nem Kerl fremdgehe, aber bei einer Frau steht er drauf („Darf er mal zugucken?“)“.

Dreier-Bis sind sich nicht zu blöd, lesbische Frauen nach einem Dreier zu fragen oder zumindest nach besagtem“Zugucken“ („Das wär ja dann schon eher mit mir, er hält sich dann mehr im Hintergrund“).

Dreier-Bis denken, bi zu sein, besteht hauptsächlich darin, es unbedingt mit einem Mann und einer Frau gleichzeitig treiben zu wollen. In ihrer Vorstellungswelt gibt es gar keine Bisexuellen, die nicht auf Dreier stehen („Aber dann bist Du doch nicht bi!“).

Sie sagen verständnisvolle (*hust*) Sätze wie „Wenn ich sie (also Frauen, Anm. der Redaktion^^) anspreche, haben viele das Gefühl, nur für einen Dreier benutzt zu werden. Natürlich wünsche ich mir Dreier, aber alle sollen daran Spaß haben.“ (Quelle)

Bis vor kurzem fanden die meisten Dreier-Bis Lesbensex noch „irgendwie eklig“, aber seit sie regelmäßiger Pornos gucken, haben sie verstanden, dass das grad in sein muss.

Einer persönlichen Feldstudie zufolge sind Dreier-Bis nahezu deckungsgleich mit der Gruppe Frauen, die noch vor ein paar Jahren bei Second Hand laustark „Igitt“ brüllten, es aber total cool finden, seit „Vintage“ draufsteht. Vermutlich würden sie sich auch eine grünkarierte Tennissocke auf den Kopf setzen, wenn’s angesagt wäre.

Mit anderen Worten: Dreier-Bis sind unglaublich nervig. Und unglaublich laut. Und unglaublich lästig. Und der Grund dafür, warum viele Bis sich Homosexuellen gegenüber gar nicht mehr outen wollen. Wer will schon ernsthaft mit denen (also den Dreier-Bis) verwechselt werden?