Mein Verhältnnis zu Halloween ist ja etwas zwiespältig. Einserseits war ich schon sehr früh fasziniert von dieser Art „Anti-Party“, wo Gruseliges, Hässliches und Morbides endlich gefeiert wird (Österreichern und speziell Wienern wird ja ohnehin ein gewisses fast schon freundschaftliches Verhältnis zum Morbiden und zum Tod nachgesagt). Andererseits bin ich absolut keine Anhängerin von klassischem Horror und Splatter. Ich liebe Filme wie „The Others“ und hasse Filme, bei denen Blut und Körperteile durch die Gegend spritzen und Angst und Schrecken regieren. Mir gefällt an Halloween vor allen Dingen, dass das Angstmachende und andere eine Nacht lang eben gerade aus dieser „Angstecke“ gezogen wird.
Darum ist mir der mexikanische Dia de los Muertos mit seinem morbid-schönen Charme und der Verbindung zwischen Lebendigen und Toten nochmal ein Stück weit näher.
Schon lange bin ich daher ein Fan von schrägen Trickfilmen mit leichtem Gruselfaktor à la Tim Burton (wobei es bessere Filme gibt als die vom Großmeister). Für Halloween (und den Dia de los Muertos) stelle ich darum hier mal die besten vor. Ich habe sie nach Alterstauglichkeit sortiert, möchte aber dazu sagen, dass natürlich alle etwas gruselig sind und wenn ihr sehr ängstliche Kinder haben solltet, alle durchaus Angst machen können. Wir haben allerdings (bis auf eine Ausnahme, die ich auch selbst schlecht finde) nur gute Erfahrungen gemacht. Kinder sind meist fasziniert vom Tod und vom Mystischen.
- Die Melodie des Meeres (FSK 0, etwa ab 4 geeignet): Ben lebt mit seiner stummen Schwester Saoirse und seinem Vater in einem alten Leuchtturm. Ben hasst Saoirse, da er sie für das Verschwinden der Mutter verantwortlich macht. Aber Saoirse ist, wie auch die Mutter der Kinder, mehr als ein Mensch. Als an Halloween die Oma der beiden kommt und sie weg von ihrem geliebten Leuchtturm und mit in die Stadt nimmt, wird alles anders.
Dieser irische Film ist wunderschön poetisch gezeichnet und beschäftigt sich mit der irisch-keltischen Mythologie. Besonders schön ist, dass sich die Geschichte der mythischen Figuren und die der Familie schließlich vermischen und die Handlungen aller Figuren so nachvollziehbar werden, auch wenn sie zunächst grausam oder falsch erscheinen. Die Eulenhexe ist schon etwas gruselig, aber nicht eigentlich böse, meine Kinder fanden den Film in jeder Hinsicht toll.
- Manolo und das Buch des Lebens (FSK 6, würde ich auch ab diesem Alter empfehlen): Die beiden Jungen Manolo und Joaquín und das Mädchen Maria leben in einem kleinen Ort in Mexiko und sind befreundet. Das mythische Ehepaar des Totenreichs, die bunte La Muerte (Herrin des Reichs der erinnerten Toten) und der finstere Xibalbá (Herr des Reichs der vergessenen Toten), befinden sich im Dauerstreit. Sie wetten, wer von den beiden Jungen schließlich Marias Herz erobern wird, wobei La Muerte auf den sanften Manolo und Xibalbá auf den wilderen Joaquín setzt. Jahre später erst setzt sich der Wettstreit fort. Joaquín ist mittlerweile ein strammer Soldat, Manolo Stierkämpfer wider Willen – er wäre lieber Musiker. Durch eine List Xibalbás landet Manolo im Totenreich und muss sich dort bewähren.
Der Film dreht sich sich um die mexikanische Totenmythologie rund um den Dia de los Muertos und ist entsprechend bunt und fröhlich. Es gibt einige dramatische Szenen, aber die sind alles in allem gut aushaltbar. Für Erwachsene ist die teils witzige Hassliebe der beiden Götter ein Highlight.
- Corpse Bride (FSK 6, ich würde sagen ab 8): Victor lebt im reichlich düsteren viktorianischen England. Er soll mit Victoria verheiratet werden. Trotz der arrangierten Ehe verlieben sich die beiden. Als Victor im Wald sein Eheversprechen übt und dabei einem „Stöckchen“ den Ring übertreift, erweckt er eine Totenbraut zum Leben, denn das vermeintliche Stöckchen ist in Wahrheit ihr Finger. Die tote Braut ist begeistert und nimmt ihn mit in ihr Reich der Toten, das sich als bunter, lebensfroher und lebendiger herausstellt als die Welt der Lebenden. Victor ist hin- und hergerissen und kommt schließlich der tragischen Geschichte der Totenbraut auf die Spur.
Ein typischer Tim Burton: skuril, bunt, voller sympathischer Gestalten und nichts ist, wie es erst scheint.
- The one and only ParaNorman (FSK 12, ich finde ihn aber nicht so übel, Coraline ist ab 6 und viel härter, ich würde ihn 8- oder 9-Jährigen schon zutrauen, guckt ihn aber erst selbst und entscheidet dann). Norman ist 11 und kann Tote sehen und mit ihnen sprechen. Leider glaubt ihm das keiner, außer sein Freund Neil, und so gilt Norman allen als Freak, sogar seiner Familie. Das ändert sich erst, als eine alte Legende aus der Geschichte der Stadt Wirklichkeit zu werden droht und Geister, Hexen und Untote ihr Unwesen treiben. Norman ist der einzige, der nach und nach versteht, um was es geht.
ParaNorman ist der wohl beste Film dieser Auswahl. Ich kann kaum beschreiben, wie tiefgründig und zugleich witzig der Film ist. Findet es also selbst heraus. Wie gesagt, die FSK Einschätzung halte ich in dem Fall für überhöht, es gibt eben leider nichts zwischen FSK 6 und FSK 12. Auch hier ist aber (Achtung Spoiler!), niemand wirklich böse, auch wenn einige durchaus erschreckend aussehen. Es sind schreckliche Dinge geschehen, aber im Laufe des Film tastet sich Norman (unterstützt von Neil) langsam an die Beweggründe aller Figuren heran. Schaut ihn erstmal selbst, ihr kennt eure Kinder am besten.
- Coraline (FSK 6, das ist aber komplett verfehlt, der Film geht frühestens ab 9 oder eher 10): Coraline zieht mit ihren Eltern in ein altes Haus und lernt dessen skurile Bewohner kennen. Sie ist sauer auf ihre Eltern, die wenig Zeit haben. Hinter einer verschlossenen Tür, die tagsüber zugemauert ist, findet sie den Eingang in eine andere Welt. Dort ist alles wie daheim und doch ganz anders. Bunt, schön, leuchtend und fantasievoll, die Mutter kocht und ist plötzlich zuckersüß, der Vater gärtnert in einem grandiosen Garten, die Nachbarn geben Zirkusvorführungen, ihr Spielzeug wird lebendig … und alle tragen Knopfaugen. Coraline kommt erst langsam hinter das Geheimnis der anderen Welt und ihrer „anderen Mutter“. Und da ist es fast schon zu spät. Coraline muss buchstäblich um ihr Leben spielen. Zum Glück hat sie neue Freunde gefunden, ihren Nachbarsjungen und einen alten Kater.
Der Film ist großartig. Coraline ist liebenswert schräg, die „andere Welt“ grandios, zauberhaft und gerade darum irgendwie die ganze Zeit unterschwellig bedrohlich, die Geschichte spannend bis zum Schluss. Der Haken: Dieser Film ist absolut nicht FSK 6. Denn anders als bei ParaNorman gibt es hier eine wirklich, wirklich bitterböse und schreckliche Figur, die ebenso bitterböse Dinge tut. Gerade das Umschwingen der vertrauten schönen Welt in puren Schrecken kann auf Kinder sehr verstörend wirken. Insofern rate ich auch hier dazu, ihn unbedingt vorher selbst einmal anzusehen.
- The Nightmare before Christmas (FSK 6, ich finde aber, er geht erst ab 10). Der Klassiker unter den gruseligen Trickfilmen. Jack Skellington ist der König des Halloween-Landes. Durch einen Zufall findet er heraus, dass auch die anderen Feste im Jahreskreis ihr eigenes Reich haben. Und so landet der schon lange unglückliche Jack im Land des Weihnachtsmanns – und beschließt, diesen einmal abzulösen und dieses Jahr selbst als „Nikki-Graus“ die Kinder zu beschenken. Mit unabsehbaren Folgen.
Super Film, schon alleine die Scherenschnittechnik lohnt. Ich habe länger überlegt, ob ich „Coraline“ oder „Nightmare“ ans Ende dieser Liste setze. Letzten Endes hat Nightmare before Christmas aber noch mehr klassische Gruseleffekte und insofern würde ich ihn erst ab 10 empfehlen. Gerade der Oogie Boogie, der schwarze Mann, ist ein richtiger Kinderschreck, der zudem auch noch zeitweise die sympathische Gruselpuppe Sally und den Weihnachtsmann quält.
Falls sich jetzt jemand fragt: „Verdammt, wo ist eigentlich „Boxtrolls“?“ muss ich leider sagen, dass das genau der eingangs erwähnte schlechte Film ist. Hier werden Skurilität und gewollt düstere Stimmung auf eine Art und Weise übertrieben, die tatsächlich lächerlich wirkt. Es war auch der einzige Film, den ich bei meinen Kindern jemals vor Schluss ausmachen musste, weil sie ihn grauenhaft fanden. Konnte ich absolut nachvollziehen. Unsympathische Figuren, lächerliche, teils ekelhafte Story. Nope, muss nicht sein.
Und zum Schluss noch ein Sondertipp außer der Reihe: Die Doku „Es lebe der Zentralfriedhof“, die sich auf typisch wienerische morbid-schöne Weise mit dem Leben und Sterben auf einem der größten und schönsten Friedhöfe der Welt auseinandersetzt. Wer oder was lebt auf so einem Friedhof, was passiert nachts und was geschieht eigentlich mit einem toten Meerschweinchen? Für Kinder ab 6 Jahren interessant.
Viel Spaß und ein schaurig-schönes Halloween (oder Tag der Toten)!
P: S. Und ich lade jeden ein, diese Liste zu ergänzen. Würde mich freuen!