Leseempfehlung „AfD-Logik überwinden“ von erzählmirnix

Ich möchte quasi als Ergänzung und Erweiterung zu meinem gestrigen Artikel auf einen sehr guten Beitrag von erzählmirnix verweisen: Afd-Logik überwinden. Erzählmirnix stellt dort auf sehr klare und gleichzeitig differenzierte Art und Weise dar, wie eine bestimmte Form von PC dazu geeignet ist, Menschen zu verschrecken, die eigentlich dem eigenen Thema gegenüber aufgeschlossen wären und damit Populisten in die Hände zu spielen. Gleichzeitig zeigt sie auch auf, wie Populisten diesen Mechanismus sehr gut für sich zu nutzen wissen, indem sie gezielt provozieren und beleidigen, sich dann als Opfer inszenieren und bei Menschen, die ungewollt etwas „Falsches“ gesagt haben und dafür ungerechtfertigt angegriffen wurden, entsprechend auf Verständnis hoffen.

Es entspricht auch meiner Erfahrung, dass rechtspopulistische Parteien auf diese Art und Weise Mitglieder, Wähler und Sympathisanten gewinnen. Und es sind durchaus etablierte Parteien, die durch eher willkürliches Ausschließen von Menschen vom Diskurs dazu beitragen, diese Wähler und Sympathisanten erst zu erzeugen.

14 Gedanken zu “Leseempfehlung „AfD-Logik überwinden“ von erzählmirnix

  1. Mir fehlt immer noch die Differenzierung zwischen „guter PC“ und „schlechter PC“, sowie die Definition von „Populismus“ (etwa inhaltlich, und anhand von Mitteln/Methoden).

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    1. „Diese trans Problematik ist real und bezieht sich auf Diskussionen, die tatsächlich so geführt werden. Damit geht diese Diskussion gleichzeitig meilenweit an der Lebensrealität der allermeisten Menschen – ob trans oder nicht – vorbei. Ich kenne einige trans Menschen und die meisten davon waren schon schlimmen Stuationen ausgesetzt, in denen sie beleidigt oder sogar bedroht wurden. Selbst die, die sich im akademischen Umfeld bewegen und sich tatsächlich mit der Frage beschäftigen, ob die Bezeichnung „transsexuell“ oder „transgender“ oder „trans Person“ stimmiger ist, erwarten von ihrer Umwelt nicht, sich über die Bedeutungstiefe des Sternchens hinter trans umfassend informiert zu haben. „Transsexuell“ ist meist erkennbar nicht beleidigend gemeint in Abgrenzung zu „Transe“ oder ähnlichem. Für die meisten (trans) Menschen zählt das Zwischenmenschliche, die Absicht und das, was mit den Worten transportiert wird.

      Ihnen ist bewusst, dass die meisten Menschen nicht umfassend informiert sind über die akademischen Feinheiten der korrekten Bezeichnung. Und dann gibt es einige wenige, die genau das erwarten und sich tatsächlich aufführen wie die Person im Comic – und nein, die sind nicht notwenigerweise selbst betroffen. Und diese Leute schaffen es leider, die Debatte mit ihrer unglaublichen Arrgoganz und dem elitären Gehabe grundlegend zu vergiften. Denn irgendwann hat auch der positivste Mensch keinen Bock mehr, sich beschimpfen zu lassen, weil er zwei Stunden hinter der neusten Neudefinition herhinkt und das Sternchen hinter trans* ganz klar Zeichen seines unglaublichen Transhasses ist.

      Auf der anderen Seite gibt es dann Worte wie „Neger“ oder „Zigeuner“, bei denen bereits seit Jahrzehnten kein Genderstudium nötig ist um zu wissen, dass es keine positiven oder neutralen Bezeichnungen sind. Heute wird „Neger“ hauptsächlich aus zwei Gründen benutzt: 1. Um zu beleidigen. 2. Um zu zeigen, dass man sich „mutig“ gegen „diese übertriebene political Correctness“ stellt.

      Das Problem ist halt nur, dass „Neger“ keineswegs ein Symptom „dieser übertriebenen political correctness“ darstellt, weil es sich in Jahrzehnten gewandelt und mittlerweile für 99% der Bevölkerung in der Bedeutung zu einer Negativbezeichnung geformt hat. Das ist schlicht Sprachwandel. Wer das Wort benutzt, weiß um seine Bedeutung. So funktioniert Sprache nunmal, wir nutzen Begriffe, weil wir davon ausgehen, dass unser Umfeld weiß, was wir damit meinen.“ (Quelle, siehe oben verlinkter Artikel erzählmirnix).

      „von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen“ Quelle http://www.duden.de/rechtschreibung/Populismus.

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      1. Ich habe dort selbst geantwortet, vor geraumer Zeit. Was ich anhand des Auszugs erkenne ist, löst das Problem nicht. Du bewegst dich zentral in Bereich eines Elements, nämlich der Form. Was ist wenn meine Definition von „Frau“ von der Definition anderer materiell – inhaltlich – abweicht? Was ist wenn ich Transexuelle nicht für (echte) Frauen halte, oder für schlechtere Frauen? Ist das eine Frage der PC (und was ist dort korrekt?), oder etwas wesentlich anderes?

        „“von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen (im Hinblick auf Wahlen) zu gewinnen”“

        „Volksnähe“ ist ein – gar das -demokratische Element. Weitumfänglich gilt das auch für „Opportunismus“, immerhin ist nur opportun, was Wählern zusagt, und grundsätzlich je opportuner, desto mehr Wähler es anspricht.

        Ist die Armutsfrage (links)populistisch? Wird hier „dramatisiert“? Sofern nicht falsch Fakten behauptet werden, bewegt sich der Konflikt auf der Ebene von Gerechtigkeitstheorien, Weltanschauuung, und Werturteil. Wie kann man solche als „dramatisch“ verstehen? Auch das Element ist damit untauglich.

        Nach alledem scheint im Rahmen einer Demokratie für den Begriff „Populismus“ nur die falsche Behauptung von Fakten zu bleiben. Ihn anders zu verwenden wäre wohl demagogisch. (Das finde ich ziemlich nett.)

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      2. Korrektur und danach eine Ergänzung: „Was ich anhand des Auszugs erkenne [], löst das Problem nicht. Du bewegst dich zentral i[m] Bereich eines Elements, nämlich der Form.“

        Man könnte die Mehrheit bestimmen lassen, welche Gerechtigkeitstheorie, Weltanschauung, und welches Werturteil zu „dramatisch“ ist. Damit würde aber die Mehrheit willkürlich bestimmen, was Populismus ist. Es scheint als würden dann Populisten (populus) bestimmen, was Populismus ist. Das dürfte einen Eindruck dessen vermitteln, wie absurd das Konzept ist. Es sei denn, man lehnt die Demokratie ab. Dann könnten Aristokraten (aristoi) bestimmen, was populistisch ist.

        Kritik fände ich sehr interessant.

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  2. Meine Gedanken zu „PC“:

    Es wird gern vergessen, dass das Benutzen von Begrifflichkeiten nicht unbedingt mit PC oder Selbstzensur zu tun hat, sondern mit Respekt.

    Zum Beispiel das N-Wort (ich schrreibe das Wort aus Respekt vor Schwarzen Menschen nicht aus).
    Das N-Wort ist eine Fremdbezeichnung aus einem kolonialrassistischen Kontext heraus. Daher finde ich es völlig normal, dass die Mehrheit der Schwarzen Menschen diese Bezeichnung ablehnt.
    Und wenn ich denn höre, ja wie soll ich denn diese Leute nennen? Ganz einfach: Menschen. Diese Menschen sind z.B. Ghanaesen, Kameruner so wie ich Deutscher bin. Außerdem haben diese Menschen einen Namen wie jeder andere Mensche auch, nicht wahr? Bei Schwarzen Deutschen hat sich mehrheitlich die Eigenbezeichnung Afrodeutsche durchgesetzt.

    Ähnlich beim Z-Wort. Nur eine Minderheit der Roma nennt sich „Zigeuner“. Die Mehrheit der Sinti und Roma lehnen diese Bezeichnung ab, eben weil auch diese Begrifflichkeit eine Fremdbezeichnung der Mehrheitsgesellschaften und keine Eigenbezeichnung ist.

    Klar gibt es Betonköpfe, die auf Teufel komm raus nicht Schokokusss und Paprikaschnitzel sagen möchten. Diese Menschen sollten sich nicht wundern, wenn ein betroffener Mensch entsprechend ablehnend reagiert und sich diskriminiert fühlt. Denn die_der Betroffene bestimmt, ob er sich von der Begrifflichkeit herabgesetzt fühlt und nicht der das Wort ausspricht. Auch wenn solche Menschen gern ihre Macht in Form von Deutungshoheit auspielen wollen.

    Bei Begrifflichkeiten Transgender_transsexuell usw habe ich ehrlich gesagt auch ein bischen Bauchweh, was übertriebene PC angeht. Nebenbei, es soll angeblich 60 verschiedene Geschlechterdefinitionen geben. Damit habei ich meine liebe Not. Mein Kollege, der als Frau zur Welt kam und sich zum Mann umoperieren ließ, hält von solch einer Vielfalt nichts. Aber das nur Nebenbei.

    Übrigens, noch ein Beispiel zur Entwicklung von Sprache: Noch vor Hundert Jahren war es in Deutschland üblich, Frauen als „Weib“ zu bezeichnen. Ich behaupte mal frech aus dem Bauch heraus, dass heutzutage keine Frau so bezeichnet werden möchte (allein die Aussprache könnte negativ konnotiert sein). Aber Begrifflichkeiten wie das N- oder Z-Wort sind nicht tot zu bekommen.

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    1. Naja, das sagt erzählmirnix ja auch in ihrem Artikel. Es gibt Wörter, die sind tatsächlich beleidigend im allgemeinen Sprachgebrauch und deshalb sollte man sie auch nicht verwenden. Aber wenn jemand prinzipiell eine böse Absicht unterstellt, weil ein Wort nicht auf dem derzeit aktuellen PC-Stand verwendet wird, dann wirkt das extremst abschreckend und kann auch von Rechtspopulisten in der beschriebenen Art und Weise instrumentalisiert werden. Ich habe das z. B. unlängst erlbebt, als sich ein (weißer) Student unglaublich über die Aussage „Da kam mir ein schwarzer Mann entgegen“ in einem ganz unverfänglichen Kontext aufgeregt hat. Man müsse jetzt unbedingt Afrodeutscher sagen, schwarzer Mann wäre eine grobe Beleidigung etc. Aber man spricht ja auch vom „weißen Mann“ insofern hat „schwarzer Mann“ jetzt keinen per se beleidigenden Inhalt so wie „Neger“ – und es war auch ganz offensichtlich nicht so gemeint.

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      1. Ja, das war ein bissel überkanditelt reagiert. Derjenige muss ja kein Afrodeutscher sein. Der Student meinte wohl den Spruch „wer hat Angst vorm schwarzen Mann“, der grundsätzlich dunkelhäutigen Menschen (in diesem Fall alle dunkelhäutigen Männer) Gefährlichkeit unterstellt. Ansonsten stimme ich Dir voll zu.

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      2. Es ging einfach nur darum, dass er jemandem mit einem Bekannten (der ursprünglich aus Togo stammt) verwechselt hatte, weil die beiden sich wohl ähnlich sahen. In diesem Zusammenhang fiel der Satz. Und er war eben eindeutig nicht böse gemeint, sondern es ging nur um die Hautfarbe als Beschreibung. Das meine ich. Jemand ist eindeutig kein Rassist und man unterstellt es ihm und „impft“ ihn darüber quasi damit, dass PC doof ist. Dabei ist PC an sich eine gute Idee, in dem Sinne, dass man keine beleidigenden oder abwerten Begriffe verwendet. Also z. B. „Da kam mir son Nigger“ entgegen, ist etwas, was nicht geht.

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      3. „Schwarzer Mann“ habe ich auf eine dunkle Figur bezogen. Dass Dunkelheit, das Böse, und Angst im Zusammenhang stehen, lässt sich kaum leugnen, sondern hat vielmehr universelle Geltung.

        Im Übrigen wird damit auch Männern Gefährlichkeit unterstellt. Ist das abzulehnen?

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    2. „Denn die_der Betroffene bestimmt, ob er sich von der Begrifflichkeit herabgesetzt fühlt und nicht der das Wort ausspricht. Auch wenn solche Menschen gern ihre Macht in Form von Deutungshoheit auspielen wollen.“

      Ob er/sie sich durch einen Begriff herabgesetzt fühlt, kann der/die (Meinst du Dieter?) selbst „bestimmten“. Allerdings kann er/sie (und ich spreche im Sinne des Rechts, nicht der Gesetze) nicht bestimmen, welche Begriffe andere verwenden. Du kannst dich von mir aus für einen Dinosaurier, oder für eine Heckenschere halten, und andere Bezeichnungen als herabsetzend empfinden.

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      1. Denn sollten sich die anderen nicht wundern, wenn für ihr Verhalten von Menschen Of Color entsprechend behandelt werden. Es gibt Begrifflichkeiten, die ganze Menschengruppen herabsetzen und nichts anderes als Rassismus intendieren.

        Ein Beipiel ist der Begriff „Mischling“. Er baut auf der Grundannahme auf, dass es biologische „Rassen“ mit entsprechender Hierarchierung gibt. Ein Kind eines weißen deutsch/französischen Paares etwa wird nicht so genannt. Man will damit den nichtweißen Elternteil abwerten in Sinne der „Reinhaltung des Blutes“, also nichts weiter als Rassismus. Und jetzt die Frage: Welchen Grund gibt es, solche und andere Begriffe weiter zu verwenden? Bricht sich die Gesellschaft einen Zacken aus der Krone? Doch nur, wenn man Menschen weiterhin diskriminieren möchte.

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      2. „Denn sollten sich die anderen nicht wundern, wenn für ihr Verhalten von Menschen Of Color entsprechend behandelt werden.“

        Yeah.

        „Ein Beipiel ist der Begriff „Mischling“.“

        Der ist mir seit mehr als einer Dekade nicht untergekommen (augenfällig ist, dass du dann von „solchen, und andere[n]“ Begriffen sprichst. Das „andere“ scheint den Zweck zu haben, die Bewertung eines „solchen“ extremen Falls auf andere Fälle, die wesentlich anders sind – überzuleiten. – Ich weise auf meine Kommentare bei Erzählmirnix hin. Etwa auf das Beispiel „Zigeuner[schnitzel]“. Selbst Einzelfälle sind strittig. Dann fügen sich die Sprachgebote auch noch in ein systematisches Begehren, (konstitutive) Gruppenunterschiede zu leugnen, Verhaltensgenetik zu leugnen, und pseudo-egalitäre Umverteilung zu Gunsten von Interessengruppen („Randgruppen“ sind solche) zu erreichen. Augenfällig ist auch bei dir der Sprung auf die Gruppenebene (Kollektiv, und, implizit, Staatsebene): „Bricht sich die Gesellschaft einen Zacken aus der Krone?“

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